NPD und Republikaner provozieren Kommune:Rosenheim hadert mit den Rechten

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Die Republikaner in Rosenheim haben 500 Gleichgesinnte zu einem Kongress geladen. Die Stadt bemerkte das Vorhaben erst, als es zu spät war.

Heiner Effern

Die Deutschlandfahne muss als Trockentuch dienen, der weiß-rote Sonnenschirm hat den Regenguss nicht aufhalten können. Die vier Männer in der Rosenheimer Fußgängerzone bauen gerade ihren Tisch wieder auf, platzieren die Flagge neu, sortieren ihr Werbematerial und sprechen dann Passanten an. Rechtsextreme Stimmenfischer sind sie, die vier Tage lang Unterschriften sammeln, damit die NPD bei der bayerischen Landtagswahl antreten darf.

In der Stadt ist die NPD mit ihrem Kongress nicht willkommen. (Foto: Foto: ddp)

Die vier Männer sind jedoch nicht die einzigen vom rechten Rand, die diese Tage Rosenheim heimsuchen. Am Wochenende veranstalten die Republikaner in der städtischen Veranstaltungshalle einen sogenannten Europakongress, zu dem 500 rechtslastige Besucher auch von der FPÖ aus Österreich und des Vlaams Belang aus Flandern erwartet werden.

Von den Republikanern übertölpelt

Die Rosenheimer Oberbürgermeisterin Gabi Bauer will ein Zeichen setzen, dass die NPD und der Kongress in ihrer Stadt nicht willkommen sind. Sie will am Freitag mit ihren Fraktionskollegen in der Fußgängerzone gegen die NPD protestieren. Und die Leitung des Kultur- und Kongresszentrums soll einen herben Rüffel bekommen haben, dass sie sich von den Republikanern übertölpeln ließ. Die hatten den Saal von einer Agentur namens Sunshine buchen lassen. Dass dahinter die Rechtspopulisten stecken, kam erst wenige Wochen vorher heraus.

Die deutsch-israelische Gesellschaft fordert nun, den Kongress noch kurzfristig zu verbieten. "In Rosenheim soll ganz offensichtlich Extremisten, Rassisten, Antisemiten eine öffentliche Plattform für ihre obskuren Ideen geboten werden", heißt es. "Bitte nutzen Sie Ihre Möglichkeiten, um diese Veranstaltung zu verhindern."

Die Oberbürgermeisterin sieht wenig Handlungsspielraum für die Stadt. "Wir haben keine rechtliche Möglichkeit, das noch zu verhindern", sagt Bauer. Auf die Frage, ob sich Rosenheim zu einer braunen Hochburg entwickelt, reagiert sie erschrocken. "Dagegen muss ich mich verwahren. Es wäre fatal, wenn die Stadt aufgrund eines Wochenendes einen solchen Ruf bekäme." Sie hält das geballte Auftreten der Rechten in Rosenheim für Zufall. "Wir hatten seit mehr als zehn Jahren keinen Aufmarsch der NPD mehr." Rosenheim biete eben eine günstige Lage mit guter Verkehrsanbindung, weshalb es sich auch für die Republikaner gut für einen Kongress eigne.

Die Republikaner sind in der Region fest verwurzelt. Ihren politischen Höhepunkt erreichten sie bei der Europawahl 1989, als sie in Rosenheims Nachbarstadt Kolbermoor 29,1 Prozent der Stimmen erhielten. Bei den Kommunalwahlen im März legten die Reps in Rosenheim von zwei auf drei Mandate zu.

Die drei Stadträte stören in Rosenheim allerdings niemanden. "Die sind noch nie durch eine unangenehme Äußerung aufgefallen", sagt Bauer. Man verbinde in Rosenheim mit diesen Personen nicht die Republikaner als Partei. Sie sollen vom Partei-Kongress in ihrer Stadt nichts gewusst haben. Auch die Resolution des Stadtrats gegen Radikalismus und Extremismus haben sie unterschrieben. "Die NPD verkörpert unverändert den alten Ungeist von Unterdrückung, Ausgrenzung und Gewalt. Wehret den Anfängen", appellieren darin die Fraktionschefs an die Bürger, auf keinen Fall der NPD ihre Unterschrift zu geben.

Demonatration für Samstag geplant

Die Rosenheimer Bundestagsabgeordnete Angelika Graf (SPD) zeigt sich schockiert über das Aufgebot der Rechten in ihrer Heimatstadt. "Das ist schon heftig, ich sehe das mit sehr großer Sorge." Als Vorsitzende des Vereins "Gesicht zeigen - Rosenheimer Bündnis gegen rechts" meldete sie für den Samstag eine Demonstration an, die sich gegen die Präsenz der NPD und den Kongress der Republikaner richtet.

Der DGB unterstützt sie, weitere Organisationen haben ebenfalls Proteste angemeldet. Eine junge Passantin in der Fußgängerzone wird in jedem Fall hingehen. "Die haben bei uns nichts zu suchen", sagt sie, den NPD-Stand in Sichtweite. Ihre Arbeitskollegin blickt zum Himmel und sagt: "Lieber Gott, lass es wieder regnen, damit es die braune Scheiße hier wegschwemmt."

© SZ vom 19.06.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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