Neuschwanstein:Des Märchenkönigs ungeliebter Ofen

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Neuschwanstein hat ein gut gehütetes Geheimnis preisgegeben: Über einen Kachelofen, den sich König Ludwig gewünscht hatte - aber dennoch nie benutzte.

Versteckt zwischen Bäumen liegt es da, die schneebedeckten Füssener Berge im Hintergrund: König Ludwigs Märchenschloss Neuschwanstein. Immer wieder mal dringen neue Geheimnisse nach draußen, wo man doch lange glaubte, vom malerischen Schloss schon alles zu wissen. Eine dieser interessanten Geschichten hat die bayerische Schlösserverwaltung im Zusammenhang mit einem alten Kachelofen aus dem Schloss in Erfahrung gebracht.

Märchenschloss Neuschwanstein: Jetzt hat man einen Ofen gefunden, der nie in Betrieb genommen wurde. (Foto: Foto: Getty Images)

Große Pläne hatte der Märchenkönig mit dem überdimensionalen Kachelofen, der 1880 für das Schloss angefertigt wurde. In Gestalt eines Turmes sollte am Ofen ein Gemälde der Lohengrin-Sage ins Wohnzimmer hinein fortgesetzt werden. Doch der wahrhaft märchenhafte Kachelofen wurde niemals aufgebaut, obwohl die Restauratorin Barbara Nahstoll überzeugt ist: "Es hätte sich ein reizvoller dreidimensionaler Effekt ergeben."

Der eigenwillige König hat damals zornig das Aufbauen des prächtigen Ofens unterbunden. "Der König war offenbar mit dem Ofen nicht zufrieden, wahrscheinlich waren ihm die Farben der Kacheln etwas zu bunt geraten", mutmaßt die Schlösserverwaltung. Es stellte sich heraus, dass Ludwig II. gar einen Beschwerdebrief an den Ofenbauer J.X. Mittermayr geschrieben hat, in dem er dem Meister und seiner Werkstatt Unzuverlässigkeit vorwarf.

Der Unmut des Märchenkönigs bezog sich wohl nicht nur auf die Farbe, sondern auch auf die Qualität der Kacheln, wie die Restauratorin Nahstoll jetzt herausgefunden hat. Diese wiesen Risse auf, vermutlich wäre der gigantische Ofen gar nicht funktionstüchtig gewesen. Wahrscheinlich sind die Ofenkacheln einfach zu schnell gebrannt worden, was freilich auch daran gelegen haben könnte, dass der König allzu sehr auf Eile gedrängt hatte.

Es wird aber auch für möglich gehalten, dass der Fabrikant tatsächlich zu ungestüm war. J.X. Mittermayr war noch ein junger Bursche, als er den königlichen Auftrag ausführte, er hatte die traditionsreiche Münchner Häfnerei erst kurz zuvor von seinem Vater übernommen.

Wie dem auch sei: Der niemals im Schloss aufgebaute Kachelofen lagerte über ein Jahrhundert lang völlig unbeachtet im Dachboden von Neuschwanstein. Als in München schließlich eine Ausstellung mit dem Titel "Walt Disneys wunderbare Welt" zusammengestellt wurde, in der auch Neuschwanstein eine wichtige Rolle spielt, sollte der Ofen aus dem Märchenschloss aus dem Dornröschenschlaf erweckt werden.

Ein aufwendiger Transport und eine Menge Kleinarbeit waren erforderlich, um den verschollenen Ofen wieder erstehen zu lassen. In einer eigens angemieteten Halle wurde einen Monat lang sortiert, gesäubert, der Ofen wie ein Puzzle zusammengesetzt - und das alles auf einem eigens dafür angefertigten Metallskelett.

Zu guter Letzt musste auch noch eine Waschbären-Familie vertrieben werden, die im Ofen nisten wollte. Nun ist das einst verschmähte Stück noch bis zum 25. Januar in der Ausstellung in der Hypo-Kunsthalle zu sehen. Hoch oben auf Schloss Neuschwanstein dreht derweil der Kastellan und stellvertretende Schlossverwalter Manfred Kempf seine Runden. "Außer dem Ofen gibt es keine Geheimnisse mehr hier oben im Dachboden", sagt er.

Nein, voller Schätze sei die große dunkle Kammer nicht mehr. Etwa 14 mal 18 Meter groß ist sie immerhin, die Dachkammer, in der der geheimnisvolle Ofen so lange stand.

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