Als Franz Müntefering den Festsaal des Münchner Hofbräukellers betritt, ist klar: Er genießt seinen Auftritt. Das Blitzlichtgewitter der Fotografen, die Journalistentraube, die sich mit ihm durch den Saal schiebt: Den tosenden Applaus der mehr als 400 SPD-Anhänger, die an diesem Tag in den Festsaal des Hofbräukellers im Münchner Stadtteil Haidhausen gekommen sind, um eines zu erleben: Müntes ersten großen Auftritt nach dem Tod seiner Frau Ankepetra vor wenigen Wochen.
Als er gemeinsam mit seinem engen Parteifreund Franz Maget die Bühne betritt, zeugt das Lächeln in seinem Gesicht von tiefer Zufriedenheit - was ihn jedoch nicht daran hindert, ordentlich vom Leder zu ziehen.
Vor allem die CSU bekommt an diesem Abend ihr Fett weg. Als erstes poltert er:
"Am 28. September wird Huber erst einmal auf Maß geschrumpft." Und im nächsten Atemzug fragt er:
"Was sind das für Waschlappen?", die von der CSU. Sie säßen nur im Schaukelstuhl und würden nicht merken, dass sie eigentlich auf der Rutsche nach unten sitzen.Eine Kuscheleinheit für die Seele eines Sozialdemokraten hat er auch im Gepäck:
"Heißes Herz und klare Kante ist besser als Hose voll", ruft er in die Menge und erntet dafür tosenden Beifall.Ebenfalls gut kommt die Huber- und Becksteinschelte an:
"Huber und Beckstein sind nur halb so gewichtig gewesen wie Kohl - politisch meine ich. Wie Kohl werden auch sie ans Ende kommen."Sogar über Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber weiß er einiges zu sagen:
"Strauß war noch einer aus der Klasse A." Der blonde Jüngling - also Stoiber, den sie früher das blonde Fallbeil nannten - habe das politische Handwerk von ihm auch noch ganz ordentlich gelernt. "Aber jetzt den Beckstein und Huber - die kennen nur drei Argumente":
"1. Das war schon immer so2. Das war noch nie anders3. Das kann ja jeder kommen."
Als er über den von der SPD geforderten Ausbau der Krippenplätze spricht, hat er die Lacher mit diesem Zitat sicher: "Stoiber wusste nur, dass Krippe was mit Weihnachten zu tun hat."
Während seiner schweißtreibenden Rede putzt sich Müntefering die Brille. Franz Maget bringt ihm höchstpersönlich ein Taschentuch und später noch eine Stoffserviette. Müntefering darauf: "Laß nur, die Leute sollen ruhig sehen, dass ich schwitze."
Über die rechten Konservativen schimpft er: Die "hoffen, dass sie Absolution im Himmel bekommen".
Die Linken hingegen - Müntefering nennt sie "konservative Linke" und "PDS/ML" -, die "versprechen den Himmel auf Erden. Die irren sich auch."Doch dem nicht genug:
"Die Konservativen sind brauchbar für die fetten Jahre." Wenn es eng werde, sei es besser, "wenn die Sozialdemokraten die Hände am Steuer haben".
"Bayern kann keine Angsthasen gebrauchen, die ihre weichen Stühle halten wollen und ansonsten übers Land hoppeln und versuchen, ein paar Freunde zu gewinnen."
Angesichts der Umfragewerte bekäme die CSU-Spitze "Fracksausen".
Für Müntefering war klar: "Die CSU ist satt, das ist schlecht für Bayern". Der Rat des Sauerländers lautet: SPD wählen.
Für seinen Parteifreund Franz Maget hat Müntefering kräftiges Lob parat:"Ich vertraue ihm - auch wenn es dunkel ist", betonte Müntefering am Ende seiner Rede. "Das ist ein großer Wert in der Politik."
Franz Müntefering am Ende seiner Rede. Sein Hemd ist weitgehend durchgeschwitzt.
Der 68-Jährige ist sichtlich zufrieden mit seiner kämpferischen Ansprache,...
...sein wahlkämpfender Namensvetter Franz Maget sieht Müntefering versonnen an.Kein Wunder: Der frühere Vizekanzler und Parteichef hat sich mit einer krachenden Rede zurückgemeldet - eine neue-alte Hoffnung für die gebeutelten Sozialdemokraten.Text: Birgit Kruse, Oliver Das Gupta/gal; Fotos: Oliver Das Gupta