Mitten in Rosenheim:Monster in der Goldpyramide

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Es ist schon beeindruckend, welch ausgefeilte Methoden die Polizei heutzutage anwendet, um Freund und Helfer sein zu können

Von Matthias Köpf

Die Monster sind überall, und wer da jetzt auf die Polizei setzt, der sollte sich nicht zu viele Hoffnungen machen. Denn die Polizei scheint da mit drin zu hängen. Im Polizeipräsidium Rosenheim werden sich am Freitag jedenfalls besonders viele Monster zusammenrotten, angezogen von einem Lockstoff, den ein Beamter privat beschafft hat und von dem er nötigenfalls noch mehr besorgen kann - mit voller Rückdeckung des Polizeipräsidenten und durch In-App-Käufe auf Spesenrechnung aus dessen Etat. Die ganzen Monster sind aber selber nur Köder, mit denen die Rosenheimer Polizei möglichst viele Menschen in ihren sonst unzugänglichen Sicherheitsbereich locken will, um die angefixten User dann den Offensiven ihrer Cybercops, der Jugendbeamten und des Social-Media-Experten auszusetzen.

Der Social-Media-Mann hat die Sache selber ausgeheckt, nachdem er das neue Suchtmittel gleich am ersten Tag ausprobiert und dabei entdeckt hatte, dass er in der Goldenen Pyramide arbeitet. Am zweiten Tag hat er den Präsidenten in alles eingeweiht, und auch der soll begeistert gewesen sein und nach Feierabend daheim im Garten noch zwei Vogelwesen gejagt haben. Doch die Goldene Pyramide hat mit dem Goldenen Dreieck nichts zu tun und auch nicht mit LSD oder ähnlich herkömmlichen Halluzinogenen. Denn statt bloß des Bewusstseins wird längst die Realität erweitert, zum Beispiel eben mit Monstern vom Mobiltelefon wie beim aktuellen Handyspiel-Welterfolg Pokémon Go. Das blendet in Live-Bilder von der Handykamera Monster ein, die per Fingerwisch einzufangen sind. Außerdem gibt es an bestimmten Orten Besonderheiten zu holen, zum Beispiel in der Goldenen Pyramide, wie im Spiel der schräg getreppte Rosenheimer Präsidiumsbau definiert ist. Der dortige Einsatz am Freitag soll Spieler, Eltern und Lehrer über pokemonströse Gefahren im Verkehr, durch Spielsucht und durch die Preisgabe vielfältigster Nutzerdaten aufklären und auf die Möglichkeit hinweisen, mit virtuellen Monstern in reale Fallen gelockt zu werden. "Wir warnen die Leute davor, irgendwohin zu gehen, wo sie sich nicht sonst auch aufhalten würden", sagt der Social-Media-Beamte. Zum Beispiel in den Sicherheitsbereich eines Polizeipräsidiums.

© SZ vom 22.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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