Mitten in Passau :Dackel-Orakel statt Kraken-Tipp

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Bald ist wieder Fußball-WM, da muss gewettet werden. Es gibt die unterschiedlichsten Methoden, Spielausgänge vorherzusagen, unzuverlässig sind sie alle. In Passau setzt man auf die neuen Stadt-Maskottchen

Kolumne von Andreas Glas

Eine Kolumne über das Passauer WM-Orakel muss natürlich mit Paul beginnen, diesem sagenhaften Tintenfisch, dem Original unter den Orakeltieren. Wegen Paul blickte bei der Fußball-EM 2008 das ganze Land nach Oberhausen, wo der Krake im Großraumaquarium lebte. Vor jedem Deutschland-Spiel bekam er zwei Futterboxen vorgesetzt. Eine Box war mit der deutschen Flagge beklebt, die andere mit der Flagge des Gegners. Paul hatte die Aufgabe, das Futter aus jener Box zu fischen, hinter dessen Flagge er den Sieger vermutete. Zweimal tippte er falsch, viermal richtig. Bei der WM 2010 sagte Paul sogar alle sieben Ergebnisse der DFB-Elf voraus, plus Finalsieg der Spanier. Da schaute dann die ganze Welt nach Oberhausen. Sogar die Washington Post attestierte Paul hellseherische Fähigkeiten.

Im Herbst 2010 ist Paul gestorben. Seither schaut die Welt nicht mehr nach Oberhausen. Sondern nach Passau. Bis in die New York Times hat es das Dackelmuseum geschafft, das zwei Hundeliebhaber dort nun im Frühjahr eröffneten. Um die Aufmerksamkeit für ihr Museum hoch zu halten, schicken sie zur Fußball-WM 2018 ihre Dackel Moni und Seppi als Orakeltiere ins Rennen. Stattfinden soll die Hellseherei in einem Passauer Einkaufszentrum, das weitere Prozedere ist noch streng geheim. Da stellt sich die Frage: Kann der Fußballsachverstand eines Dackels mit dem eines Kraken mithalten? Immerhin ist ein Krakenhirn ähnlich komplex wie das von Wirbeltieren. Zu den Wirbeltieren gehören Moni und Seppi zwar auch, aber im Ranking der intelligentesten Rassehunde landet der Dackel einer US-Studie zufolge nur auf Platz 94 - von 141 untersuchten Rassen.

Nur, was heißt das schon? Es soll ja Leute geben, die behaupten, dass sich Fußballsachverstand und Intelligenz per se ausschließen - was wiederum für das Dackel-Orakel spräche. Ganz neu ist die Passauer Idee übrigens nicht. Im Mai 2012 bat ein Münchner Einkaufszentrum die Dackeldame Sissi um einen Tipp für das Champions-League-Finale. Der Erfahrungswert dieser PR-Aktion dürfte vor allem diejenigen bestätigen, die allgemeine Zweifel hegen an der Fußballexpertise des Dackels. Sissi entschied sich für den FC-Bayern-Futternapf. Am Ende gewann der FC Chelsea.

© SZ vom 06.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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