Mitten in Nürnberg:Wenn der Aufstieg droht

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Der 1. FCN hat die besten Chancen, erstklassig zu werden. Ausgezeichnet, möchte man denken. Aber ob das wirklich nur positiv ist? Schließlich wäre das dann das achte Mal

Kolumne von Claudia Henzler

Nürnberg ist im Aufstiegsfieber, seit Tagen bereitet sich die Stadt innerlich auf den Wechsel in die erste Bundesliga vor. Die Aussicht, endlich wieder erstklassig zu sein, was ja dem Selbstverständnis der Frankenhauptstadt entspricht, entfacht beinahe Euphorie. Tatsächlich geht es zwar nur um den Aufstieg eines Fußballvereins, aber vom Gros der Nürnberger wird da kein Unterschied gemacht. Auch wenn sich Nürnberg international einen Ruf als Stadt der Menschenrechte erarbeitet hat und sich demnächst als Kulturhauptstadt Europas bewerben will: Fußball, Bratwurst und ein völlig überschätzter Christkindlesmarkt bleiben die lokalen Identitätsanker. Wer etwas auf sich hält, bekennt sich öffentlich zum "Club". Ob Grundsteinlegung oder Parteiversammlung - es gab in den vergangenen Monaten kaum einen Anlass, bei dem nicht der Erfolg des 1. FCN beschworen wurde. Gerne auch vom derzeitigen Ministerpräsidenten Markus Söder, der bei solchen Gelegenheiten versprach, dann einen Empfang für die Spieler auszurichten. Ob in der Kaiserburg oder im Heimatministerium ließ er offen, ist aber auch egal, dafür sind die staatlichen Immobilien schließlich da.

Nicht nur der Fußballverein selbst rechnet mit millionenschweren Mehreinnahmen aus Fernsehrechten, auch die Wirte, Tankstellenbesitzer und Verkehrsbetriebe gehen fest davon aus, dass sich die durchschnittlich 10 000 Besucher mehr pro Spiel in Umsatz niederschlagen werden, vielleicht sogar in Übernachtungen, wenn die auswärtigen Fans die Fahrt gleich noch für einen Städtetrip nutzen. Der Präsident der Nürnberger Handelskammer ist zudem der Meinung, dass der Aufstieg auch bei der Suche nach Fachkräften helfen könnte: Städte der ersten Bundesliga übten auf Berufseinsteiger eine besondere Strahlkraft aus, sagt er.

Der Mannschaft bleiben noch zwei Spieltage Zeit, sich aus eigener Kraft nach oben zu arbeiten. Es wäre der achte Aufstieg, was Nürnberg zum "Rekordaufsteiger" machen würde, aber auch viel über das bittere Leid erzählt, das die "Club"-Fans schon ertragen mussten, zuletzt vor vier Jahren. Eigentlich mag man ihnen den Aufstieg nicht wirklich wünschen. Denn die schöne Zeit der überragenden Siege, die wäre wohl vorbei.

© SZ vom 03.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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