Mitten in Landshut:Der Mut des digitalen Visionärs

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Der Masse nicht hinterherzulaufen - daran erkennt man einen Menschen mit Weitblick. Ist es gar ein Politiker, der sich antizyklisch verhält, lässt das Großes erahnen. So wie bei Oberbürgermeister Alexander Putz

Kolumne von Andreas Glas

Dass die Landshuter das Kfz-Kennzeichen LA spazieren fahren, nimmt mancher Landshuter zum Anlass, sich über seine eigene Stadt lustig zu machen. Er spricht die zwei Buchstaben einzeln aus und noch dazu auf Englisch. Er spielt aufs große Los Angeles an, um sein vergleichsweise kleines Landshut noch etwas kleiner zu machen. Vom Großstadt-Glamour des kalifornischen L.A. ist das niederbayerische LA meilenweit entfernt - das ist die selbstironische Botschaft. Doch mit der Selbstironie ist jetzt Schluss. Seit dieser Woche ist das niederbayerische LA dem kalifornischen L.A. einen Riesenschritt näher gekommen. Denn in Kalifornien ist bekanntlich Facebook daheim und diesem Facebook ist die Stadt Landshut an diesem Dienstag beigetreten. Im Jahr 2018! Das ist ein starkes Signal.

Mit diesem Schritt "treibt die Stadt die von Oberbürgermeister Alexander Putz angekündigte Digitalisierungsoffensive weiter voran", heißt es in der Mitteilung, die von der städtischen Pressestelle nicht auf dem Postweg oder durchs Faxgerät verschickt wurde, sondern, Stichwort Digitalisierungsoffensive: per E-Mail! Der Landshuter Facebook-Beitritt ist auch deshalb revolutionär, weil gerade sehr viele Menschen bei Facebook austreten, Stichwort Cambridge Analytica. OB Putz geht den entgegengesetzten Weg und beweist sich damit als Visionär. Echte Visionäre hat ja schon immer ausgezeichnet, dass sie nicht der Masse hinterherlaufen, sondern eigene Wege gehen - und riskieren, dafür ausgelacht zu werden.

Ein Visionär wie Putz nimmt es selbstbewusst in Kauf, hin und wieder ausgelacht zu werden. Etwa bei der Bierprobe vor dem Starkbierfest 2017, als ihm nach acht Schlägen der Braumeister zur Hand gehen musste, damit das Bier kontrolliert aus dem Fassl floss. Oder kürzlich, als OB Putz offenbar zuließ, dass eine kleinbürgerliche Eifersuchtsposse die Ausstellung des verstorbenen Bildhauers Fritz Koenig in den weltberühmten Uffizien in Florenz gefährdete - und damit die Chance, Landshut international als Kunststadt zu profilieren. "Wie provinziell!", riefen die Ewiggestrigen, die immer so frech auf ihr eigenes Kfz-Kennzeichen anspielen. Es ist gut, dass die Landshuter Digitaloffensive jetzt einen Schlussstrich unter solche Frechheiten gesetzt hat.

© SZ vom 12.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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