Mitten in Fürth:Das Gschiss um den Grafflmarkt

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Aussterbende Altstädte sind der Albtraum jedes Stadtoberen. Also gibt es seit Langem allerorten Bemühungen, für Belebung und Unterhaltung zu sorgen. Bis sich die ersten Anwohner finden, denen es zu viel der Belebung ist

Kolumne von Claudia Henzler

Mit dem Sommer hat auch die Zeit der Flohmärkte und Freiluftpartys begonnen. Endlich kann man Überflüssiges aus dem Keller loswerden und die Einnahmen anschließend im Biergarten sinnvoll anlegen. In Fürth geht das sogar auf allerengstem Raum, denn Liebhalter alten Gerümpels treffen sich zweimal im Jahr beim "Grafflmarkt" rund um die Gustavstraße mit ihren vielen Kneipen. Schon am kommenden Wochenende soll wieder bis 22 Uhr gefeilscht, anschließend gefeiert werden. Als die Veranstaltung vor mehr als 40 Jahren entstand, war es ein erklärtes Ziel, das damals arg vernachlässigte Fürther Altstadtviertel ein bisschen zu beleben.

Es ist ja ein Problem, das außerhalb des Großraums München mit seiner galoppierenden Gentrifizierung viele Städte plagt: Geschichtsträchtige Zentren stehen leer oder geraten in eine soziale Schieflage, weil die Grundrisse nicht mehr modern sind und das Bauen auf der grünen Wiese sowieso viel unkomplizierter und billiger ist. Bürgermeister und Stadträte probieren vieles aus, um diesen Trend aufzuhalten. In Dinkelsbühl hat man zum Beispiel darüber nachgedacht, die Altstadt in eine Einkaufszone für Edelschnäppchenjäger zu verwandeln. Das benachbarte Feuchtwangen plant gerade, ein paar Häuser abzureißen, um Platz für ein Mehrgenerationenhaus zu schaffen, was Denkmalschützer für mindestens genauso aberwitzig halten. Und Wunsiedel hat sich schon einigen Ärger mit der Rechtsaufsicht eingehandelt, weil es sich in seiner Not selbst als Bauherr betätigte. Die Stadt kaufte alte Gebäude und wandelte sie in moderne Wohnungen um, obwohl eigentlich gar kein Geld für solche Investitionen da war.

Fürth hat diesen Kampf weitgehend hinter sich. Inzwischen schlägt das Pendel sogar schon wieder in die andere Richtung aus. Seit Jahren streiten sich drei Eigentümer und ein Anwohner der sehr belebten Gustavstraße mit der Stadt um Freischankflächen, Sperrzeiten und die Zahl der Großveranstaltungen. Von denen ist mittlerweile nur noch der Grafflmarkt übrig, und auch der wird regelmäßig beklagt: Aktuell muss das Verwaltungsgericht Ansbach die Frage entscheiden, ob an diesem Freitag und Samstag bis 24 Uhr draußen gefeiert werden darf. Die Entscheidung fällt am Mittwoch.

© SZ vom 20.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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