Mitten in Bayern:Müll macht erfinderisch

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Unrat verunstaltet das Ufer des Brombachsees - und jedes Jahr wird es schlimmer. Doch eine überraschende Lösung ist in Sicht

Glosse von Dietrich Mittler

Um mit dem Schönen zu beginnen, der Brombachsee hat das Potenzial, Filmgeschichte zu schreiben. Als Vorlage könnte dabei die US-amerikanische Filmserie "Baywatch" dienen: attraktive Darstellerinnen und Darsteller, bei deren Bekleidung nicht unnötig Textilien verschwendet werden, ein Drehbuch, das niemanden überfordert, klare Trennung von Gut und Böse - und fertig ist das Konzept für den Exportschlager. Starten könnte das Projekt noch dieses Jahr unter dem Titel "Binwatch", 2022 umzubenennen in "Dipwatch". Die Begriffe stammen aus dem Englischen: "bin", der Abfallbehälter. Und "dip", der Abfall.

Nun zum Hässlichen. Am Ufer des Brombachsees fielen 2011 knapp 48 Tonnen Müll an, 2020 waren es bereits mehr als 137 Tonnen - darunter verpackte Lebensmittel und Strandmuscheln. Das schreit nach einer Lösung. Der Zweckverband Brombachsee hat sie gefunden - die Mülleimer werden frühestens zum Start der Saison 2022 abmontiert, begleitet von einer PR-Kampagne zur Förderung des Umweltschutzgedankens. Genau hier würde sich flankierend eine Erfolgsserie anbieten. Ein Vorschlag zur Bekleidung der Stars: nicht Malibu-rot, sondern fränkisch rot-weiß. Auf jeden Fall, "Dipwatch" wäre dafür zuständig, jene zu stellen, die ihren Müll nicht mit nach Hause nehmen, sondern einfach liegenlassen. "Denn es droht ein Bußgeld", wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet.

Natürlich verfolgt das Ganze einen ernsthaften Ansatz, den auch Analytiker von Umweltschutzorganisationen vertreten, erklärt an zwei Formeln: Weniger Straßen ist gleich weniger Verkehr. Und weniger Großparkplätze ist gleich weniger Besucher. Motto: Wenn man ein Angebot schafft, ist das die Einladung zu Missbrauch und Übermaß. Also, warum nicht auch die Formel "Weniger Müllbehälter heißt letztlich weniger Müll"? Je länger man über diesen Ansatz nachdenkt, umso mehr offenbart sich sein Potenzial. Braucht es wirklich Gefängnisse? Womöglich steigern die ja erst die Zahl der Delikte. Und wozu noch Krankenhäuser? Die Kassen klagen ohnehin darüber, dass Ärzte dort zu viel diagnostizieren. Und so, zu Ende gedacht, erst Kranke generieren. Langer Rede kurzer Sinn: Das Brombachsee-Konzept sollte nicht nur die bayerische Filmbranche zum Nachdenken anregen, sondern auch die Staatsregierung.

© SZ vom 23.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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