So nahe dran am Süden mit seiner lässigen Lebensart war Bayern schon lange nicht mehr. Das Thermometer scheint seit Wochen jenseits der Dreißiger-Grenze festgeschmolzen zu sein. Selbst Menschen, die ihr Leben sonst grummelig vor dem Fernseher verbringen, sitzen bis spät in die Nacht hemdsärmelig auf den Balkonen und Terrassen. Das fühlt sich nach Urlaub an, führt aber unweigerlich dazu, dass man auf Menschen trifft, die im selben Haus oder gleich nebenan wohnen, die man aber womöglich unerträglich lästig findet: die Nachbarn.
Diese Menschen ratschen laut, sie trinken, sie rauchen - und sie bereichern ihre Umgebung mit dem Geruch von angebranntem Grillfleisch. Nicht nur einmal in der Woche. Bei stets geöffneten Fenstern bekommt mancher gar akustisch einen intimen Einblick in das Leben des Nachbarn, den er keinesfalls haben will. So ähnlich könnte es in Ampfing gelaufen sein. In dem oberbayerischen Ort bezog kürzlich eine junge Frau ein Haus in einem Wohngebiet. Sie führt den Künstlernamen Natalie Hot, und intime Einblicke in ihr Leben gehören gewissermaßen zu ihrem Beruf, für den sie unter anderem vor einer Web- oder Videocam posiert. Und das offenbar nicht immer alleine. Eine Nachbarin meinte nun wohl zu hören, dass Natalie Hot sich lautmalerisch über die Grenze des Erträglichen für ihre Kunden einsetzte. Sie fühlte sich dermaßen genervt, dass sie rüber ging, vor dem Haus der Nachbarin ebenfalls laut wurde - und schließlich kurzerhand die Scheibe an der Haustür einschlug und ein paar blutige Handabdrücke hinterließ.
In Ampfing führte das zu einem unvergesslichen Sommer: Die Boulevard-Medien fielen ein. Der Gemeinderat musste entscheiden, ob ein solches Gewerbe im Wohngebiet zulässig ist (Nein!). Und vor der Sitzung gab es die erste Demonstration von Porno-Darstellerinnen im Ort. Die etwa zehn Teilnehmer trugen Schilder mit Botschaften wie "Habt ihr keinen Sex?" oder "Pornodarsteller sind keine Verbrecher". Und Natalie Hot? Sie steht womöglich vor einem aussichtsreichen Karriere-Sommer, bei so viel Gratis-Werbung in Presse und TV. So lange sie beim Arbeiten Fenster und Türen geschlossen hält. Egal, wie heiß es ist.