Mitten in Bayern :Ein Mythos für Beppo

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Es kann ja jeder machen, was er will, gerade im Urlaub. Aber manchmal ist es schon peinlich, wie sich gerade Politiker in den sozialen Medien darstellen

Kolumne von Sebastian Beck

Der Miesbacher Grünen-Landrat Wolfgang Rzehak macht gerade Urlaub auf Kreta. Der Samstag scheint ja super gewesen zu sein, wie Beppo - so lautet sein Spitzname - die ganze Welt via Facebook wissen ließ: "Heute Wanderung durch die Schmetterlingsschlucht im Südosten von Kreta. Meine Mädels waren tapfer und hielten die bei der Hitze doch etwas anstrengende Wanderung gut aus. Als Belohnung gab es für meine Mädels frisch gepressten Orangensaft in der Taverne unterhalb der Schlucht und für Papa ein Mythos-Bier!"

Nun sei Rzehak jeder Tag gegönnt, auch der Ausflug zur Kirche Panagia i Kera war lohnenswert. Aber als Betrachter ist man dann doch peinlich berührt, welche Einblicke Menschen in ihr Privatleben gewähren. Als 1987 der Staat Volkszähler durchs Land schickte, waren es die Grünen, die Auskunft auf die banalsten Fragen verweigerten. Drei Jahrzehnte später stellt sich die halbe Menschheit freiwillig ins Schaufenster. Sozialministerin Kerstin Schreyer postet Selfies und Text aus Andalusien: "Ich bin im Paradies." Nicht alle bringen es auf 15 300 Tweets und 422 000 Follower, wie die ZDF-Moderatorin Dunja Hayali, die stündlich wissen lässt, wie es ihrem Hund geht (gut).

Aber was ist so schlimm daran, wenn man vom Liegestuhl aus Zehen und Meer fotografiert? Soll doch jeder machen, was er will. Stimmt. Andererseits - Achtung, jetzt kommt die Kulturkritik - entblößt man sich damit auch. Beim Daddeln mit dem Handy ist vielen nicht bewusst, dass die Reichweite jedes Posts quasi unbegrenzt ist. Sogar die SZ liest mit. Und wenn das Öffentliche und das Private miteinander verschmelzen, kann sich ein Post schnell gegen den Absender richten, wie die Grüne Katharina Schulze mit ihrem berühmten Eis-Foto in Kalifornien erfahren musste. Hier endet der kulturkritische Teil. Zurück zu Beppo.

Stand Donnerstag, 14 Uhr: "Ich bin ab jetzt in einer Ferienwohnung in Plakias im Südwesten von Kreta. Das Meer ist wunderschön und wir haben von der Hausherrin zur Begrüßung selbstgemachten Raki, Honig, Marmelade und Zitronenküchlein bekommen. Schmeckt super!" Die SZ wünscht noch einen schönen Urlaub. Aber bitte sorgfältiger im Gesicht eincremen, Herr Landrat!

© SZ vom 30.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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