Mitten in Bayern :Alle Glückswege führen ins Allgäu

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Im Allgäu lässt es sich schön wandern, das ist längst bekannt. Aber das reicht den gewieften Touristikern nicht. Die Gäste sollen auf ganz besonderen Pfaden wandeln

Kolumne von Christian Rost

Es ist ja nicht so, dass das Allgäu noch Nachhilfe in Sachen Tourismus bräuchte. Allein auf den Landkreis Unterallgäu entfallen bereits jetzt eine Million Gästeübernachtungen im Jahr. Eines der Zugpferde ist nach wie vor in Bad Wörishofen das Erbe von Pfarrer Sebastian Kneipp, dem Erfinder der Wasserkur. Andere Sehenswürdigkeiten sind die Fuggerschlösser in Kirchheim und Babenhausen sowie die Benediktinerabtei Ottobeuren und die Karthause Buxheim an der Oberschwäbischen Barockstraße. Dennoch wollen die Tourismusförderer der Allgäu GmbH dem Unterallgäu zu einem weiteren Schub verhelfen. Wander- und Radwege sollen nicht mehr einfach nur Wege sein, sondern Touren, die ein Motto haben.

Das von der EU geförderte Projekt heißt "Glückswege im Allgäu" und hat zur Folge, dass es bei Kirchheim und Pfaffenhausen nun "Fabelhafte Storchenwege" gibt. Bei Köngetried führt ein "Quellensteig" entlang und bei Kronburg und Illerbeuren ist ein Weg namens "Herrschaftszeiten" entstanden. Die Wege "Seenhüpfer" bei Bad Wörishofen und "Sternenjäger" bei Ottobeuren sind weitere Beispiele. Das klingt alles ein wenig aufgesetzt, und die Begeisterung über das Projekt hält sich in den Kommunen in Grenzen. In Mindelheim ist der Stadtrat nicht bereit, jeden Firlefanz mitzumachen. Wie die Lokalzeitung meldete, regt sich im Rathaus Widerstand gegen das Vorhaben der Touristiker, ihnen zwei Glückswege zu bescheren: eine Wanderung "Auf herrschaftlichen Wegen", die 100 Minuten dauern soll, sowie eine 32 Kilometer lange Radrunde "Stille erleben". Dass hier "Stille" das Motto ist, liegt an dem Umstand, dass entlang der Strecke überhaupt nichts los ist. Den Mangel an Erlebnissen räumt auch ein Tourismusexperte ein. Hier könne man aber noch nacharbeiten, gibt er sich optimistisch.

Die Mindelheimer aber wollen keinen Motto-Radweg und sich allenfalls an dem Wanderweg beteiligen, wofür allein jährlich Kosten in Höhe von 5000 Euro anfallen. Der Nutzen des Projekts ist fraglich. Denn in der Tourist-Information haben sich heuer gerade mal fünf Leute nach einem Glücksweg erkundigt. Das ist eine Zahl, die auch die Tourismusförderer nicht glücklich stimmen kann.

© SZ vom 30.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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