Max Strauß:Nur ein Irrlicht im Sumpf der Bestechungen

Lesezeit: 3 min

Wenn ein Mitglied der Familie Strauß vor Gericht steht, ist dieser Prozess allein deswegen schon nicht wie jeder andere. Und für den einen oder anderen mag es eine Genugtuung gewesen sein, den Sohn des verstorbenen Ministerpräsidenten auf der Anklagebank zu sehen.

Hans Holzhaider

Strauß - auch knapp 19 Jahre nach dem Tod des einstigen bayerischen Ministerpräsidenten ist das, zumindest im Süden Deutschlands, kein Name wie jeder andere. Als er im Oktober 1988 plötzlich starb, hatte seine Macht schon zu bröckeln begonnen, aber sie war noch längst nicht erloschen.

Der Prozess gegen Max Strauß war kein Prozess wie jeder andere. Für manch einen war es wohl eine Genugtuung, den Politiker-Sohn vor Gericht zu sehen. (Foto: Foto: dpa)

Geliebt und gehasst, als Gesprächspartner von den Mächtigen in aller Welt gesucht und respektiert, gleichzeitig in allerlei provinzielle Affären verstrickt, oft beschuldigt, nie angeklagt, hinterließ er bei seinem Tod eine Art emotionales Vakuum: Er fehlte vielen, sei es als Liebes- oder als Hassobjekt.

Deshalb sah man auch den Prozess gegen Max Josef Maria Strauß, das älteste seiner drei Kinder, nicht als einen Prozess wie jeden anderen. Ein Strauß vor Gericht, das war wohl für den einen oder anderen eine besondere Art der Genugtuung - wenn es schon den Alten nicht erwischt hat, dann wenigstens den Sohn.

Und es ging ja auch um einen Vorwurf, der aus dem Dunstkreis jener halbscharigen und zwielichtigen Welt stammte, der auch Franz Josef Strauß nicht immer so ganz fern gestanden hatte. Schmiergeld, Millionen und Abermillionen, eingesammelt und verteilt von einem Mann, den schmierig zu nennen keine Verunglimpfung ist - Karlheinz Schreiber.

Man muss die Aussage von Franz Georg Strauß, dem jüngeren Bruder, gehört haben, wie Schreiber sich bei irgendeiner Familienfeier an den damals 17-Jährigen heranwanzte, um ihn nach den Geldanlagen seines Vaters auszufragen, und sich selbst als Spezialist für hochlukrative Grundstücksgeschäfte in Kanada zu empfehlen; dann kann man sich ein Bild davon machen, wie der ehemalige Teppichhändler die Gunst der Leute zu erheischen verstand, von denen er sich geschäftliche Vorteile erhoffte.

Aber man muss auch sehen, dass Männer wie Schreiber sich in einem gesellschaftlichen Umfeld bewegten, in dem es nicht als ehrenrührig galt, beim Anbahnen von Geschäften das Schmiermittel Geld in die richtigen Kanäle zu drücken.

Man hat im Laufe dieses und anderer Prozesse zur Kenntnis nehmen müssen, dass zum Beispiel die Firma Thyssen beim Verkauf von 36 Fuchspanzern an Saudi-Arabien auf den eigentlichen Verkaufspreis von rund 200 Millionen Mark noch einmal die gleiche Summe für Provisionen geschlagen hat, und dass diese Praxis vom zuständigen Finanzamt abgesegnet wurde, solange man dort nur davon ausgehen konnte, dass das Schmiergeld nicht in Deutschland steuerpflichtig wurde.

Was heute im Falle Siemens die Existenz eines Weltunternehmens akut bedroht, lockte damals keinen Hund hinter dem Ofen hervor.

Max Strauß freilich, und darin liegt schon ein Anflug von Tragik, war wirklich nur ein sehr unbedeutendes Irrlicht in diesem Sumpf von Bestechung und Bestechlichkeit. Intellektuell von deutlich bescheidenerem Zuschnitt als sein Vater, wurde er gleichwohl zu dessen Lebzeiten von allen möglichen Möchtegern-Geschäftemachern hofiert, die glaubten, über den Sohn ein paar Strahlen vom Glanz des Vaters erhaschen zu können.

Da wollte ein bayerischer Skiproduzent gern das chinesische Militär beliefern, und ein arabischer Parfümhersteller wollte auf dem deutschen Markt Fuß fassen. Alle steckten sich hinter Max Strauß, der das wohl auch mehr oder weniger geschmeichelt zur Kenntnis nahm.

Nach dem Tod des Vaters war damit Schluss, jedenfalls hat das Gericht trotz sorgfältiger Nachforschung nichts anderes feststellen können.

Als Karlheinz Schreibers Machenschaften durch die Indiskretionen eines im Streit geschiedenen Geschäftspartners und durch die hartnäckige Ermittlungsarbeit der Augsburger Steuerfahnder aufflogen, da geriet Max Strauß mit ins Visier des Staatsanwalts, weil eines der Schreiberschen Tarnkonten den Namen "Maxwell" trug.

Aber es wurde auch relativ bald deutlich, dass Straußens Fall anders lag als der des Ex-Staatssekretärs Holger Pfahls und der Thyssen-Manager Maßmann und Haastert. Denn auch wenn man unterstellt, dass Schreiber mit "Maxwell" tatsächlich Max Strauß meinte, kommt man nicht an der Tatsache vorbei, dass dieser eben gerade nichts von dem Geld bekommen hat.

Maßmann, Haastert und Pfahls haben von Schreiber Geld verlangt und erhalten, und sie haben dafür keine Steuern bezahlt. Deshalb wurden sie zu Recht verurteilt. Max Strauß hat nichts erhalten, und sollte trotzdem dafür bestraft werden, dass er keine Steuern bezahlt hat. Das widerspricht dem schlichtesten Gerechtigkeitsempfinden.

Wenn man der 10. Strafkammer des Augsburger Landgerichts, die Max Strauß im Juli 2004 zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt hat, einen Vorwurf machen kann, dann diesen: Dass sie sich in ihrem durchaus löblichen Eifer, den Schreiberschen Bestechungsmorast trockenzulegen und dabei ohne Ansehen der Person zu urteilen, locker über einige offenkundige Tatsachen hinweggesetzt haben.

Mit dem Freispruch für Max Strauß kehrt nun Normalität ein, und die Staatsanwaltschaft wird gut beraten sein, die Sache zu beenden. Und vielleicht wird mit dem Abschluss dieses Prozesses der Name Strauß auch in Bayern wieder ein Name werden wie jeder andere auch.

© SZ vom 7.8.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: