Markus Erlwein:"Parade-Kuckuck"

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Markus Erlwein vom Vogelschutzbund über das Forschungsprojekt

interview Von Christian Sebald

SZ: Warum muss die Menschheit wissen, wo überall in der Welt bayerische Kuckucke herumfliegen?

Markus Erlwein: Die bayerischen Kuckucke sind nur zur Balz, zur Paarung und zur Eiablage hier im Freistaat, also von jetzt an bis Ende Juni. Fast zehn Monate des Jahres halten sie sich außerhalb Bayerns auf. Bisher wussten wir nur, dass sie in Afrika südlich der Sahara überwintern, alles andere war unklar. Aber es ist nicht nur reine Forscher-Neugier, warum wir das Projekt gestartet haben.

Was ist es noch?

Der Kuckuck ist noch eine häufige Art. Aber die Population nimmt ab. Sie ist schon so geschrumpft, dass der Kuckuck auf der Vorwarnstufe zur Roten Liste steht. Wenn wir etwas dagegen tun wollen, müssen wir es jetzt tun. Dazu müssen wir wissen, wo sich der Kuckuck im Jahreslauf überall aufhält. Deshalb das Forschungsprojekt. Wir dürfen nicht abwarten, bis es nur noch fünf Kuckucke gibt, bevor wir ein Schutzprogramm starten.

Was haben Sie alles herausgefunden?

Wir wissen jetzt, dass die Kuckucke in einer großen Schleife nach Afrika und wieder zurück nach Bayern fliegen. Auf dem Hinweg nehmen sie eine östliche Strecke, auf dem Rückweg eine westliche. Wir wissen jetzt auch, dass sie im Mittelmeerraum einen längeren Stopp einlegen, bevor sie in einem Satz mehr als 2500 Kilometer über die Sahara hinweg fliegen. Außerdem wissen wir jetzt, dass die meisten in der Grenzregion zwischen der Republik Kongo und der Demokratischen Republik Kongo überwintern. Und es hat sich herausgestellt, dass sie in Afrika ganz unterschiedliche Lebensräume aufsuchen, Flussauen, den Regenwald, Savannen. Außerdem ist es eine neue Erkenntnis, dass die Vögel vor dem Rückflug vom Kongobecken 2500 Kilometer nach Westafrika fliegen, bevor sie nach Norden drehen und die Sahara überqueren.

Gibt es eine Erkenntnis, die Sie speziell Käpt'n Kuck verdanken?

Eine spezielle nicht. Aber wenn Sie sich all die Punkte oben ansehen, erkennen Sie, dass Käpt'n Kuck ein bayerischer Parade-Kuckuck ist.

Was war die größte Überraschung?

Dass einzelne bayerische Kuckucke bis Angola fliegen. Das Kuckucksweibchen Kucki hat zwei Jahre hintereinander auf der Höhe von Luanda überwintert. Das liegt noch einmal 900 Kilometer weiter im Süden als das Kongobecken.

Wie viele Kuckucke haben Sie in dem Forschungsprojekt?

Insgesamt 18, elf aus Bayern und sieben aus Weißrussland, damit wir den Vergleich zu einer anderen europäischen Region haben. Außerdem haben wir uns mit den Kollegen in England kurzgeschaltet, die 17 Kuckucke am Sender haben. In England steht es schon sehr viel schlimmer um den Kuckuck als bei uns. Dort kommt er nur noch in Schutzgebieten vor.

Wie viele Forschungskuckucke sind noch am Leben?

Sieben, mit Käpt'n Kuck sind vier von ihnen glücklich zurück in Europa, drei halten sich noch in Afrika auf. Das ist keine schlechte Quote dafür, dass das Projekt schon zwei Jahre läuft.

Aber sind es nicht viel zu wenige für wissenschaftliche Aussagen?

Allein die bayerischen Kuckucke wären zu wenige. Aber in Kombination mit den weißrussischen und den englischen reicht die Anzahl aus. Zumal das Projekt ja unser erstes ist.

Gibt es ein Nachfolgeprojekt?

Noch nichts Genaues. Aber wir werden sicher eines starten. Wir möchten untersuchen, welchen Einfluss die Veränderungen der Lebensräume in Westafrika auf den Kuckucksschwund hier haben. Es wäre ein Kurzschluss, wenn wir sagen, weil dort unten die Wälder abgeholzt werden, gibt es bei uns immer weniger Kuckucke. Das muss man sich genau ansehen.

Was passiert mit den Kuckucken, die am Ende des Projekts noch am Sender sind?

Die bleiben am Sender. Die beiden Männchen Richard und Reinhard übermitteln ja sehr verlässlich ihre Signale. Der eine ist schon in den Donau-Auen bei Regensburg angekommen. Der andere hat zuletzt von der italienisch-österreichischen Grenze gesendet. Wir verfolgen die beiden weiter, so lange sie Daten schicken.

© SZ vom 25.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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