Machtkampf in der CSU:Zugpferd Seehofer

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Ein volles Bierzelt und Witze für die Eingeweihten: Der angeschlagene CSU-Vize tingelt über die Dörfer - und findet an der Parteibasis Gehör.

Olaf Przybilla

Herbert Knoll, der Feuerwehrkommandant von Rehlingen, hätte beileibe nicht jedem CSU-Häuptling gestattet, das große Jubiläum seiner Brandschutztruppe mit einem Redebeitrag zu schmücken. Ein Joachim Herrmann etwa hätte "null Chancen" gehabt, Markus Söder "sowieso nicht", und auch Erwin Huber wäre ihm nicht ans Mikrophon gekommen.

Horst Seehofer während einer Rede in Krefeld (Foto: Foto: ddp)

Es ist schließlich nicht irgendein Fest, das sie da im südlichsten Zipfel Frankens feiern, sondern der 125. Jahrestag der Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Rehlingen - einer Truppe von 35 Aktiven und zehn Jugendfeuerwehrleuten.

Seinem CSU-Ortsvorsitzenden hat Kommandant Knoll, selbst Parteimitglied, deshalb deutlich zu verstehen gegeben, was er bitteschön zum Festtag von ihm erwartete: die Einladung eines CSU-Zugpferdes, das der Feuerwehr zum Jubiläum ein proppenvolles Festzelt garantiert. Und da kamen für Kommandant Knoll nur zwei in Frage. Entweder Günther Beckstein. Oder - ihm persönlich noch lieber - Horst Seehofer.

Der CSU-Ortsvorsitzende, Friedrich Albrecht, hat sich dennoch bei seinem CSU-Kreischef vorsichtshalber erkundigt, ob der denn grundsätzlich etwas dagegen hätte, wenn man den Seehofer einlade. Seehofer, so versuchte der Orts- den Kreischef zu überzeugen, sei schließlich an der Basis nach wie vor beliebt wie kaum ein anderer.

Sein Kreischef Gerhard Wägemann, im Hauptberuf Mitglied des Landtags, hatte nichts dagegen. Mehr aber auch nicht: Wägemann hat sich wie nahezu alle Landtagskollegen längst auf Erwin Huber und nicht auf Seehofer als künftigen CSU-Parteichef festgelegt.

Als Begrüßungsredner im Zelt, raunt Wägemann, wolle er Seehofer diese Wahrheit ersparen. "Aber wenn er mich persönlich fragt, für wen wir Abgeordneten sind, dann sage ich ihm das auch ins Gesicht", betont der Landtags-Mann, der Seehofer später im vollbesetzten Bierzelt einen "versierten Sozialpolitiker" nennen wird, der sein aktuelles Amt so führe, "wie man das von einem Minister erwarten darf".

Wie sich Wägemann in seinen Grußworten windet, ist für CSU-Bürgermeister Werner Mößner nur schwer zu ertragen. Dass Landtagsabgeordnete nach dem Desaster von Kreuth und dem "unwürdigen Absägen von Edmund Stoiber" nun schon wieder so täten, als seien sie die einzigen Entscheidungsträger der CSU, das ist für den Bürgermeister "ein schlechter Witz". Dass Seehofer nach drei "missverständlichen Sätzen" in einem Bericht des Magazins Stern politisch erledigt sein soll, hält Mößner für ein Ammenmärchen. Entscheiden würden das die Delegierten des Parteitags und die, sagt er, "sind zehnmal so viele".

Die Reaktionen auf dem Feuerwehrfest von Rehlingen sind jedenfalls so, als hätte Seehofer seine drei Sätze über "das ihm vorliegende Material" niemals gesagt: Wen man auch fragt von der Rehlinger CSU-Basis, Seehofer gilt keineswegs als politisch erledigt, sondern als der herausragende Kandidat für den Parteivorsitz.

"Seehofer ist und bleibt unser Mann"

Der CSU-Ortschef will Seehofer; der Feuerwehrkommandant auch; der Bürgermeister und der CSU-Ortsvize Thomas Link ebenfalls. "Die haben doch alle Dreck am Stecken", sagt Link, und jeder CSU-Politiker wisse irgendwas Belastendes über irgendeinen anderen. "Nichts anderes hat Seehofer gesagt."

Der wirkt trotzdem angeschlagen. "Du kannst heute keinen Witz mehr machen", klagt Seehofer offenbar in Anspielung auf seine angeblich existierende Stoffsammlung gegen CSU-Politiker, "es wird alles sofort ernst genommen." Da kann CSU-Ortschef Albrecht nur nicken, bei Seehofers Rede bleibt ihm an zwei Stellen aber dann doch das Lachen im Hals stecken. Einmal, als Seehofer sagt, er habe den Eindruck, er ziehe die Probleme irgendwie regelrecht an: "Gammelfleisch, Vogelgrippe - und so weiter."

Und als er den Schirmherrn des Festes fragt: "Sie sind doch Psychiater? Dann sind Sie ja jetzt auch für mich zuständig." Später erklärt Seehofer das mit einem Artikel in der Heimatzeitung, der ihm ans Herz gelegt habe, nach seinen Andeutungen über belastendes Material ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wieder also nur ein Seehofer-Witz für Eingeweihte. Herbert Knoll, der Kommandant, ist trotzdem zufrieden. Das Zelt war voll, die Stimmung prächtig. "Seehofer ist und bleibt unser Mann."

© SZ vom 9.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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