Lockerung des Rauchverbots:Rauchende Köpfe in der CSU-Fraktion

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Ministerpräsident Beckstein und Parteichef Huber müssen die CSU davon überzeugen, das neue Rauchverbot schon wieder zu lockern. Ärger in der Landtagsfraktion ist programmiert.

Birgit Kruse

Schon eine halbe Stunde bevor sich die CSU-Fraktion im Konferenzsaal des Landtags treffen wird, um die Aufweichung des strengsten Rauchverbots der Republik zu beschließen, herrscht vor dem Konferenzsaal Belagerungszustand.

Seinen neuen Spitznamen "Fluppen-Schorsch" wird CSU-Fraktionschef Georg Schmid wahrscheinlich auch nicht besonders schätzen. (Foto: Foto: dpa)

Eine Wand von Fernsehkameras und Journalisten hat sich vor der Flügeltür aufgebaut - damit auch ja keiner der 124 Abgeordneten ohne ein Statement in den Saal entwischen kann. Doch da müssen sie sich noch etwas gedulden. Zu diesem Zeitpunkt beraten die Abgeordneten noch in kleinen Grüppchen.

Kein Wunder. Es geht um viel: um das Ansehen ihres Fraktionschefs Schmid etwa, um die Glaubwürdigkeit der neuen Doppelspitze, um den Ruf der gesamten Partei. Denn heute soll die CSU-Fraktion ein neues Gesetz auf den Weg bringen, das das Rauchverbot in Bier-, Fest- und Weinzelten für das Jahr 2008 - und vor allem für das Oktoberfest - außer Kraft setzt.

Und das erst knapp zehn Wochen, nachdem das Gesetz in Kraft getreten ist. Denn, so das Argument des Führungstandems Beckstein und Huber, die Sicherheit auf dem größten Volksfest der Welt könne nicht garantiert werden. Das schreibt jedenfalls der Münchner Kreisverwaltungsrefenten Wilfried Blume-Beyerle in einem Brandbrief an Umweltminister Otmar Bernhard.

Niemand will von Beschädigung reden

Doch von einer möglichen Beschädigung der Partei will - zumindest von den Oberen - heute keiner was wissen. Ministerpräsident Günther Beckstein flötet sichtlich entspannt in die Kameras, dass er sich "überhaupt nicht" beschädigt fühle. Es gehe hier ja nicht um eine generelle Lockerung des Rauchverbots.

Im Parteivorstand habe man sich vor einer Woche lediglich darauf geeinigt, den Sicherheitsaspekt neu zu überdenken. Und dass dieser wirklich so gravierend ist, dass man dafür ein neues Gesetz beschließen muss, davon muss heute unter anderem Innenminister Joachim Herrmann die Fraktion überzeugen.

Und auch CSU-Parteichef Erwin Huber, der plötzlich wie aus dem Nichts neben Beckstein im Getümmel auftaucht, tut so, als habe er mit der Sache nichts zu tun. "Man kann sich den Zeitpunkt einer Diskussion nicht aussuchen", sagt er und lobt den "tragfähigen Kompromiss", auf den sich die Partei innerhalb "sehr kurzer Zeit" geeinigt habe. Von einem möglichen Imageverlust will er nichts wissen. Kurz bevor er im Sitzungssaal verschwindet murmelt er noch: "Ich hab die Diskussion nicht begonnen."

Bei Fraktionschef Georg Schmid, der im Dezember noch dafür gefeiert wurde, dass er die Abgeordneten von dem Rauchverbot überzeugen könnten, hört sich das etwas anders auf. Zwar fühle er sich selbst sich von der Debatte auch nicht beschädigt - im Gegenteil: "Ich fühle mich wohl", sagt er und setzt sein bekanntes Schüttel-Schorsch-Grinsen auf. Auf die Frage, wie es denn mit seinem Parteichef aussehe, schweigt er jedoch zunächst, um dann den Journalisten die allgemeine Floskel in die Blöcke zu diktieren: "Ich hoffe, dass am Schluss keiner beschädigt ist."

Wütende Reaktionen aus der Fraktion

Eine Hoffnung, die nicht jeder in der Fraktion mit ihm teilt. Vor allem Hermann Imhof kommt an diesem Tag sehr aufgebracht zur Fraktionssitzung. Der Nürnberger Abgeordnete, der zwar für seine offenen aber dennoch ausgewogenen Worte bekannt ist, spricht an diesem Vormittag von "Aktionismus" von "verletzten Prinzipien" und von dem "tiefen Unmut", den er sowohl bei sich aber auch bei den Menschen an der Basis fühlt. Allein in den letzten fünf Tagen habe er über 500 E-Mails von verärgerten Nichtrauchern erhalten, erzählt er. Die Folge: Der CSU werden auch weiterhin die Wähler davonlaufen.

Auch kann sich Imhof nicht vorstellen, dass die CSU unbeschadet aus dieser Debatte gehen wird. Vielmehr rechnet er mit "Blessuren für die gesamte Führungsspitze".

Wie viele Abgeordnete letztlich gegen ein neues Gesetz stimmen werden, ist ungewiss. Mehr als eine Gegenstimme, wie gestern im Fraktionsvorstand, wird es sicherlich geben. Auch wenn die Loyalität gegenüber Schmid in der Fraktion sehr hoch ist. Allerdings dürfte die Debatte kontrovers und hitzig verlaufen. Die rednerliste ist ungewöhnlich lang. Sicher ist nur eines: Auf den Gängen des Landtags kursiert bereits ein neuer Spitzname für den Vorsitzenden: Der "Schüttel-Schorsch" heißt jetzt "Fluppen-Schorsch".

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