Lanziger Trio:Es geht auch anders

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Die Musiker des Lanzinger Trios (v.l.): Reinhard Schelzig (Gitarre), Komalé Akakpo (Hackbrett) und Jörg Lanzinger (Zither). (Foto: Marko Petz)

Pop, Jazz und Blues mit absolut ungewöhnlicher Besetzung: Das Lanziger Trio zeigt, dass man mit Zither, Hackbrett und Gitarre auch etwas ganz anderes machen kann als die klassische Stubenmusik. An den Musikantenstadl denkt da niemand mehr. Das beweist das Trio auf seinem ersten Album.

Von Markus C. Schulte von Drach

Das Ungewöhnliche ist noch nicht unbedingt gut. Aber manchmal lohnt es sich doch, hinzuschauen, weil etwas mal ganz anders ist. Oder hinzuhören. Jazz, Pop, Blues, Rock, Funk - darauf verweisen die Musiker des Lanzinger Trios, wenn sie ihre Musik beschreiben. Hört man sich die Lieder an, kann man konkreter werden: Manchmal fühlt man sich an Mike Oldfield erinnert, gelegentlich klingt es sogar nach Yes. Und immer wieder geben die Musiker, was Harmonie und Melodie angeht, einer deutlichen Neigung zu komplexeren Strukturen nach. Klingt noch immer nicht per se so ungewöhnlich? Stimmt.

Aber tatsächlich ist hier ganz viel ganz anders als sonst. Denn das Trio, bestehend aus Jörg Lanzinger, Komalé Akakpo und Reinhard Schelzig spielt: Zither, Hackbrett, Gitarre. Die klassische Stubenmusik-Besetzung also. Stubenmusik - das ist Volksmusik. Man denkt an Trachtengruppe und BR1. Aber Pop, Jazz, Stubenmusik - wie soll das gehen? Kann das überhaupt gehen? Genau diese Frage haben die Musiker natürlich erwartet. Und ihre erste CD liefert nicht nur die Antwort - sie heißt auch so: Freilig. Also "Freilich" (für alle Nicht-Bayern: Selbstverständlich). Und die Band hat absolut recht.

Unter Verzicht auf das übliche Pop-, Jazz- und Blues-Instrumentarium - bis auf die Gitarre - zeigen die drei studierten Profimusiker, wie selbstverständlich sich von den ausgetretenen Wegen abweichen lässt. Zumindest klingt es mühelos, wenn sie mit ihren insgesamt 169 Seiten Klänge und Rhythmen produzieren.

Kein Gedanke kommt auf an Lederhosen und Dirndl, wenn Komalé Akakpo mit den zwei Schlägeln und seinen Fingerspitzen das Hackbrett bearbeitet. Es ist deutlich zu hören - und auch zu sehen, wenn man die Gelegenheit hat -, dass Lanzinger mit großem Spaß die Zither dazu benutzt, Musik zu machen, an die im Musikantenstadl nun wirklich niemand denken würde.

Reihnard Schelzig bestätigt eindringlich, dass die Gitarre in fast jedem Musikstil eine ernst zu nehmende Rolle spielen kann. Souverän gelingt es ihm, in den vielseitigen Klängen nicht unterzugehen. Den Stücken Profil zu geben. Und Profil hat die Musik. Das wird vor allem deutlich, wenn die Lieder nach Ausflügen ins eher Meditative wieder ins bewusste Leben zurückkehren.

Auch auf der Bühne sind die drei Musiker in der Lage, eine Vielstimmigkeit zu erzeugen und mit ihren interessanten Rhythmen und ungewöhnlichen Harmoniewechseln zu überraschen. Dabei wirken die Lieder nie so konstruiert, wie sie sein müssen, sondern leicht, manchmal sogar verspielt. Die Musiker, die alle drei am Richard-Strauss-Konservatorium in München studiert haben, nehmen ihre Musik ernst, aber sich selbst nicht zu wichtig.

Verzicht auf konstruierte Botschaften

Die Titel der Stücke belegen, dass es ihnen nicht darum geht, andere Botschaften zu vermitteln als die, dass Musik für sich selbst sprechen kann. So heißen die Lieder etwa "Maeh Dres Cher" (als ein Wort zu lesen), weil an Lanzingers Haus beim Komponieren eines dieser eindrucksvollen landwirtschaftlichen Geräte verbeigefahren war. "Zäppälin" beinhaltet ein Geständnis - das Lied erinnert an einer Stelle, es handelt sich um einen halben Takt, an "Stairway to Heaven" von Led Zeppelin.

Zuhörer, die sonst nichts für Volksmusik übrig haben, werden von dem Trio so an die Instrumente gewöhnt, dass sie dann nicht mehr negativ überrascht sind, wenn die Band doch noch einen Ländler spielt, einen unglaublich schönen Reigen oder ihren "Tölzer Umdreher". Inspiriert ist dieser von einer Technik, die den Namen des deutschen Bronzemedaillen-Judoka von London trägt, Andreas Tölzer. Hört man dem Trio zu, begreift man, dass Volksmusik und Folk, auf den im Rock ja gelegentlich auch zurückgegriffen wird, dieselben Wurzeln haben.

Auf die für den Sommer 2013 angekündigte zweite CD der Band darf man gespannt sein. Wer im Raum Augsburg/Schwaben, wo die Band sich bereits eine Fangemeinde erspielt hat, unterwegs ist und in einem Kneipenfenster eine Ankündigung für einen Auftritt des Trios sieht, sollte die Gelegenheit ergreifen und eintreten. Es könnte eine wunderbare Erfahrung werden. Mindestens in dem Sinne, dass man lernt: Es geht auch anders. Freilig.

Mehr Informationen zum Trio finden Sie auf der Homepage unter http://www.saitentrio.de, Hörproben gibt es bei Amazon oder bei iTunes.

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