Lena und Maya haben den besten Blick. Von der Besuchertribüne im Landtag winken die Mädchen ihrer Oma zu - Landtagspräsidentin Barbara Stamm. "Es tut jetzt nichts zur Sache, was in dieser Stunde eine Mutter empfindet oder eine Großmutter", sagt diese ins Mikrophon. Und dann begrüßt sie "herzlich die neue Kollegin Claudia Stamm".
Denn Lena und Maya können an diesem Tag auch gleich der Mama Claudia Stamm winken, die seit Mittwoch ebenfalls Abgeordnete ist. Es ist ein Novum in der Parlamentsgeschichte des Freistaats, dass Mutter und Tochter gleichzeitig im Landtag sitzen. Noch dazu für verschiedene Parteien. Barbara Stamm für die CSU, ihrer Tochter für die Grünen.
Die 38-jährige Rundfunkjournalistin rückte für Barbara Rütting nach, die ihr Mandat niedergelegt hat. Nur die männliche Variante gab es schon: Vater Alfons und Sohn Thomas Goppel waren vier Jahre lang, von 1974 bis 1978, gemeinsam Mitglied des Parlaments. Beide für die CSU.
"Das kann ich noch gar nicht", sagt Claudia Stamm, als sie am Mittag gemeinsam mit der Mutter in die Kameras und Fotoapparate lächelt. "Und ich habe mich nach so vielen Jahren immer noch nicht daran gewöhnt", sagt ihre Mutter. Sie ist stolz auf das älteste ihrer drei Kinder, auch wenn sie von Parteifreunden gelegentlich gefragt wird, was denn da in der Erziehung falsch gelaufen sei: die Tochter der stellvertretenden CSU-Vorsitzenden - eine Grüne.
Aber Barbara Stamm erkennt darin keinen Fehler. Immerhin habe sich daheim - wenn die Mama überhaupt da war - meist alles um die Politik gedreht. "Wenn sich dann eines der Kinder für den politischen Weg entscheidet, dann hat eine Mutter auch das Recht, stolz zu sein", sagt sie.
Tochter Claudia bewundert ihrerseits die Mutter. Sie werde sie sicher in einigen Fällen um Rat fragen, "schließlich ist sie ja die alte Häsin von uns beiden". Claudia Stamm wird die Fraktion der Grünen künftig im Landwirtschaftsausschuss vertreten und sich außerdem um die Gleichstellungspolitik kümmern.
Um Lena und Maya, die sechs und knapp zwei Jahre alten Töchter der Abgeordneten, kümmert sich ihr Mann. Und ab und zu werden sie bestimmt mal bei Mama und Oma im Maximilianeum vorbeischauen.