Landtag/BayernLB:"Herr Huber, nehmen Sie den Hut!"

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Verbaler Schlagabtausch im bayerischen Landtag: CSU-Chef Erwin Huber muss sich für die horrenden Risiken der BayernLB rechtfertigen - und erntet dafür Rücktrittsforderungen der Opposition.

Melanie Ahlemeier und Birgit Kruse

Nein, angenehm war ihm dieser Auftritt im bayerischen Landtag ganz sicher nicht. Bayerns Finanzminister und CSU-Chef Erwin Huber musste sich rechtfertigen. Warum hat die BayernLB sich auf dem US-Hypothekenmarkt dermaßen verspekuliert? Warum hat sie bisher 4,3 Milliarden Euro in den Sand gesetzt?

Kein angenehmer Auftritt für den bayerischen Finanzminister. (Foto: Foto: dpa)

Fragen über Fragen. Knapp 25 Minuten rechtfertigt sich Huber, der auch stellvertretender Vorsitzender des BayernLB-Verwaltungsrates ist.

Die Spekulationsrisiken auf dem US-Markt? "Waren nicht erkennbar", sagt der Finanzminister - und rattert ohne Punkt und Komma die wichtigsten Kennzahlen aus der kurz zuvor vom Geldinstitut präsentierten Jahresbilanz herunter. Dass die Verluste nun noch weit höher ausfallen als bislang angenommen wurde, sei "schmerzlich", räumt Huber zähneknirschend ein. Es müsse aber zwischen echten Zahlungsausfällen und Belastungen aus Marktwertminderungen unterschieden werden.

Eine ordentliche Dividende wollen sich die beiden Anteilseigner - die Sparkassen und der Freistaat Bayern - trotz der Misere gönnen. Sieben Prozent beziehungsweise 126 Millionen Euro seien "gewährleistet", führt Finanzminister Huber aus.

Ein Hauch von Resignation

Die Entwicklungen auf dem US-Finanzmarkt seien weder von Vertretern des Staates noch von den Entsandten der Sparkassen im Verwaltungsrat vorhersehbar gewesen, wiederholt der CSU-Chef und Minister mehrmals. Eine persönliche Mitschuld an den Verlusten weist er vehement zurück.

Was die Zukunft bringen wird, wie groß die Verluste und damit die Abschreibungen möglicherweise noch ausfallen könnten, vermag der CSU-Chef nicht abzuschätzen. Erwin Huber: "Wie sich die Märkte in naher Zukunft entwickeln, kann keiner beeinflussen. Auch die BayernLB nicht." Ein Hauch von Resignation schwingt in seiner ansonsten festen Stimme mit.

Selbst in der Krise ist Huber ein Meister in Sachen Optimismus. "Die Bank hat Substanz und Zukunft", sagt er und verweist auf vergangene Ausschüttungen sowie gestiegene Eigenmittel des Instituts. Mehr als 19.000 Mitarbeiter beschäftige der Konzern weltweit - und sei damit "ein bedeutender Faktor auf den Finanzplätzen".

Der Opposition macht Huber schwere Vorwürfe: Der Versuch, die Schwierigkeiten der Bank "parteipolitisch auszuschlachten" sei "billig, falsch und scheinheilig". Außerdem schade es dem Ansehen der BayernLB.

Drama "Der unaufhaltsame Fall des Minister Hubers"

Die Opposition kann ob solcher Vorwürfe nur kräftig lachen - und Hubers Rücktritt fordern. Der Fall BayernLB gleiche einem Drama. Vorgeschlagener Titel: "Der unaufhaltsame Fall des Minister Hubers". Derzeit werde der zweite Akt gespielt, lästert Werner Schieder. Der 59-Jährige sitzt für die SPD-Fraktion im Haushaltsausschuss des Landtags und ist bekannt für seine Wortakrobatik.

"Herr Huber, nehmen Sie Ihren Hut, Sie werden im dritten Akt nicht mehr gebraucht!", ruft der Rhetor dem Verbalopfer Huber zu - nicht ohne nachzuschieben, dass der Finanzminister total versagt habe. Wer keine Strategie besitze, sei fehl am Platze und müsse gehen. Schieders Forderung an die CSU: "Wir brauchen eine längst überfällige strategische Neuausrichtung der Landesbank."

CSU-Haushälter Engelbert Kupka, zugleich stellvertretender Fraktionsvorsitzender, stärkt seinem Parteikollegen Huber den Rücken. "Wir haben es mit einer Krise zu tun, sie polemisieren an der Oberfläche", hält er der Opposition vor. Kupka präsentiert zugleich eine Zukunftsstrategie für das angeschlagene Kreditinstitut - und propagiert die Schaffung "wirksamer Eigenkapitalstandards". Das sei die einzige "Firewall", die die Bank vor künftigen Krisen schützen könnte.

Da kann Grünen-Fraktionschef Sepp Dürr nur lachen. Sicher brauche die Bank einen Plan für die Zukunft - doch mit Kupkas Vorschlägen sei das nicht getan. Es müsse personelle Konsequenzen geben, sagt auch Dürr.

"Treten Sie endlich zurück, Herr Minister", ruft er lauthals in Richtung Ministerbank, kaum er das Rednerpult erreicht hat. Die Zahlen, die die BayernLB präsentiert hat, seien "katastrophal". "Sie sind schlimmer als unsere schlimmsten Befürchtungen", schimpft Dürr und wirft Huber "Augenwischerei" vor. Jetzt müsse Schluss sein mit dem inkompetenten "Zahlenrauschblubbern."

Nicht nur Huber habe bei der Kontrolle der Landesbank versagt, so Dürr - auch Ministerpräsident Günther Beckstein habe sich als überfordert erwiesen. Der Landeschef habe die Milliardenverluste "bis zum Letzten geleugnet und kleingeredet". Doch das, so Dürr mit spitzer Zunge, wundere ihn nun auch schon nicht mehr: Bei einem Tandem "landet nie einer allein im Graben".

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