Landesparteitag der Grünen:Vom Geschäftsführer zum Vorsitzenden

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Die Landesversammlung der Grünen wählt den 32-jährigen Dieter Janecek zum Nacfolger von Sepp Daxenberger.

Heiner Effern

Die Parteiprominenz direkt vor der Bühne ist bereitwillig einen Stuhl weitergerutscht. Es gilt auf dem Landesparteitag der Grünen in Rosenheim Platz zu machen für ein neues Gesicht in der Parteispitze. Nun sitzt der frisch gewählte Landesvorsitzende Dieter Janecek, 32, dort, wo er von jetzt an hingehört: in der ersten Reihe der bayerischen Grünen.

Der neue Landesvorsitzende der Grünen in Bayern heißt Dieter Janecek. (Foto: Foto: ddp)

Der außerhalb der Partei bisher wenig bekannte Landesgeschäftsführer will den Grünen wieder mehr "Ecken und Kanten" verleihen. Janecek gilt intern als Querdenker und steht zusammen mit dem neuen Landtagsabgeordneten Ludwig Hartmann für den Generationswechsel bei den Grünen.

Dieser war nach dem Abschied des bisherigen Landesvorsitzenden Sepp Daxenberger keine Überraschung. Alle drei Nachfolge-Kandidaten waren nur knapp über 30 Jahre alt. Der Münchner Janecek setzte sich in der Stichwahl am Sonntag gegen Markus Rainer, 31, aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck mit 51,7 Prozent der Stimmen durch.

Janecek weiß, dass er als Nachfolger von Daxenberger eine Erfolgsserie fortsetzen soll: In allen Wahlen seit dem Jahr 2003 erreichten die bayerischen Grünen das beste Ergebnis seit ihrem Bestehen. Für die 2009 anstehende Europa- und Bundestagswahl gelte es ein zweistelliges Ergebnis zu erreichen, sagte Janecek.

Daxenberger durfte als Landesvorsitzender nicht mehr antreten, da die Satzung der Grünen nur einem einzigen Landtagsmitglied erlaubt, auch der Partei vorzustehen. Diesen Platz nimmt Theresa Schopper ein, die sich erst im nächsten Jahr zur Wahl stellen muss. Schopper gehörte zu den ersten Gratulanten und freut sich nun auf die Zusammenarbeit mit Janecek. "Er hat herausragende Qualitäten." Die hat er nach Ansicht vieler Grüner gezeigt, als er mit seiner Feinstaubklage vor dem Europäischen Gerichtshof Erfolg hatte.

Seit dem Urteil vom Juli 2008 haben nun Bürger die Möglichkeit, Aktionspläne gegen die meist von Dieselmotoren ausgestoßenen Staubpartikel in der Luft einzuklagen. Die Ökologie gehört neben den Bürgerrechten zu den Themen, bei denen Janecek das Profil seiner Partei schärfen will.

Der scheidende Landesvorsitzende Daxenberger hatte am Samstag heftige Kritik an den Koalitionsverhandlungen von CSU und FDP geübt. "Die CSU spielt das Spielchen weiter, für das sie abgestraft wurde", sagte Daxenberger. Die FDP habe es versäumt, "eine Politik jenseits der CSU zu starten". Den designierten Ministerpräsidenten Horst Seehofer bezeichnete Daxenberger als letztes Aufgebot der CSU. "Vor einem Jahr wurden bei der CSU in München noch Knoblauchzehen aus dem Fenster gehängt, wenn Seehofer erwartet wurde. Nun soll er der neue Messias sein."

Doch auch Daxenberger, der bei den Grünen als Spitzenkandidat bei den Landtagswahlen eine Sonderstellung innehatte und nun neben Margarete Bause an die Spitze der Fraktion rückt, musste sich Kritik gefallen lassen. Bevor die Grünen auf einer Podiumsdiskussion am Samstagabend über das Verhältnis von Kirche und Staat diskutierten, hatte er den sogenannten Kruzifix-Beschluss seiner Partei für das Verfehlen des angestrebten zweistelligen Wahlergebnisses verantwortlich gemacht.

Das Votum seiner Partei auf der Landesversammlung in Augsburg, alle religiösen Symbole aus den bayerischen Klassenzimmern zu entfernen, hatte Daxenberger im Wahlkampf als schweren Fehler bezeichnet. Nun musste er sich vorhalten lassen, dass er diese Entscheidung aus wahlstrategischen Gründen nicht mitgetragen habe. "Wir müssen dazu stehen, auch wenn wir bei Wahlen verlieren", forderte ein Grüner aus dem Kreis Augsburg.

Wie angespannt das Verhältnis der Grünen zu den Kirchen ist, ließ eine Äußerung des evangelischen Kirchenrats Jürgen Schürgers erahnen, der selbst Mitglied der Grünen ist. Er nannte den Kruzifixbeschluss unter Pfiffen im Saal "einen kirchenpolitischen Amoklauf". Einen revidierenden Beschluss fasste der Parteitag nicht, das war auch nicht vorgesehen.

Eine vom Landesvorstand einzusetzende Kommission soll jetzt eine grundsätzliche Position zum Verhältnis von Kirche und Staat erarbeiten. Dies wird keine leichte Aufgabe, wie die emotionale Diskussion auf der Landesversammlung zeigte. Die Grünen sind beim Thema Staat und Religion weiterhin tief zerstritten. Die totale Trennung von Kirche und Staat nach französischem Vorbild wurde ebenso gefordert wie die Erhaltung des jetzigen Verhältnisses. Einigkeit herrschte allein darin, dass Frauen in allen Religionsgemeinschaften mehr Rechte erhalten sollten.

© SZ vom 20.10.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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