Kratzers Wortschatz:Haumdaucher gibt es immer und überall

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Warum der Name eines harmlosen Wasservogels als Schimpfwort herhalten muss, ist schwer zu klären

Haumdaucher

Nachdem die SZ neulich die krachlauten Facebook-Beiträge eines noch etwas unreifen bayerischen Jünglings thematisiert hatte, beschwerte sich ein Leser, dessen "Haumdaucha-Beiträge" seien doch kein Thema für die Zeitung. "Ist mir ein Rätsel, dass Sie davon überhaupt berichten", schrieb er irritiert.

Immerhin ist die Redaktion durch diese Rüge auf das Schimpfwort Haumdaucher (Haubentaucher) aufmerksam geworden. Der Name Haubentaucher ist eigentlich einem unschuldigen Tier zugedacht, das sein Dasein als Wasservogel fristet. Wie allgemein bekannt ist, würdigen fränkische Fußballfans mit dem Wort Haumdaucher gerne jene Fußball-Schiedsrichter, die dem 1. FC Nürnberg (Club) einen aus ihrer Sicht fälligen Elfmeter verweigern. Wenn allerdings Aktive auf dem Spielfeld zum Schiedsrichter Haumdaucher sagen, zieht dieser zur Strafe die rote Karte. Der Haubentaucher heißt in Franken ja eigentlich Daucherlä. Im Allgemeinen wird das Wort Haumdaucher für die Charakterisierung all jener Zeitgenossen herangezogen, die irgendetwas falsch gemacht haben. Demzufolge waren in der Silvesternacht in Köln bei der Staatsmacht überwiegend Haumdaucher im Dienst.

Die Schimpfwort-Karriere des Haubentauchers ist kaum zu erklären. Die Haube (Haum) ist ja als Kopfbedeckung etwas durchaus Angenehmes. Haubenköche können ausgezeichnet kochen. Vielleicht leidet das Ansehen des Haubentauchers unter seinem geckenhaften Balzverhalten, bei dem er heftig den Kopf schüttelt und die Federhaube spreizt.

kasweiß

CSU-Chef Horst Seehofer hat vergangene Woche bei der Klausur in Kreuth einen Schwächeanfall erlitten. Er wurde "kasweiß" und klammerte sich ans Pult, wie in der SZ zu lesen war. Das Adjektiv kasweiß trägt typisch bayerische Züge. Im Freistaat werden Adjektive häufig bildlich verstärkt. Im Falle es Ministerpräsidenten Seehofer wurde die bleiche Farbe mancher Käsesorten zur Verdeutlichung des Geschehens herangezogen. Ein blasser Mensch ist weiß wie ein Kasloabe (Käselaib), heißt es oft, oder: Er ist kasweiß.

Es gibt viele solcher Adjektive (pfenninggut, pumperlgesund, zeckerlfett...). Wir wollen uns hier aber auf die Farben beschränken. Neben kasweiß gibt es gackerlgelb (wie der Eidotter) und brinnrot (feuerrot) sowie grasgrün und himmelblau. Wie eine moderne Prollversion klingt dagegen das Adjektiv kackbraun.

© SZ vom 25.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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