Kratzers Worschatz:Der Kleber bappt, die Spielkarte bickt

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Ob ein a dunkel oder hell ausgesprochen wird, entscheidet über die Bedeutung. Und der Bapp darf keinesfalls mit der Bappn verwechselt werden

der Bapp

In Österreich ist die Wahl des Bundespräsidenten verschoben worden, weil der Kleber der Briefwahlkuverts ein technisches Gebrechen hatte, wie Innenminister Wolfgang Sobotka das Malheur fast kabarettreif begründete. Das Problem äußert sich darin, dass die vorgesehenen Klebestreifen nicht funktionierten und die Umschläge sich nach dem Verkleben von selbst wieder öffneten. Die Bayern und die Österreicher sagen in so einem Fall: "Der Kleber bappt nicht, die Kuverts haben keinen gscheiden Bapp." Der mit dunklem a ausgesprochene Bapp ist der Kleber, spricht man das a hell aus, ist der Vater gemeint. Das Verb bappen ist auch in Gerhard Polts Film "Herr Ober" (1991) zu Ehren gekommen, in dem ein Gast in einer Boazn fragt: "Derf i des Plakat hier ankleben?" Die Wirtin Agnes (Ulrike Kriener) antwortet entgegenkommend: "A, bappen Sie 's hin!"

Als altes Sprachrelikt wurzelt der Bapp noch im lateinischen Wort pappa (Brei). Statt bappen könnte man auch bicken sagen: Der Bapp bickt ned! Eine Briefmarke bickt man auf einen Brief. Auch das Verb bicken reicht bis in die Antike zurück, das lateinische pix heißt Pech. Davon abgeleitet ist im Übrigen das Maut-Pickerl.

In Georg Lohmeiers großartigem Film "Die Überführung" (1979) sagt der Herr Conducteur in der Mühldorfer Bahnhofsrestauration zu den überständigen Säufern Toni Berger (Schexbräu von Deining) und Karl Obermayr: "Meinetwegen bleibts bigga, wir warten nimmer, compris!" Von Bierdimpfln, die kein Zuhause kennen, sagt man generell, sie seien im Wirtshaus bicka bliem (sie kleben am Stuhl). Im Kartenspiel besagt eine eiserne Regel: Was liegt, des bickt! Eine gespielte und auf dem Tisch liegende Karte darf also nicht zurückgenommen werden.

die Bappn

Der Bapp ist keinesfalls zu verwechseln mit der Bappn. So wird im Dialekt das Mundwerk genannt. Ein den meisten geläufiger Befehl lautet: "Hoit die Bappn!" Das heißt: Halt den Mund! In Franz Xaver Bogners Fernsehserie "München 7" sagt ein Polizist zur Standlfrau Moni Riemerschmidt, welche von Monika Gruber gespielt wird: "Jetzt hoitns amoi eana vorlaute Bappn!" Ähnlich wie die Bappn bezeichnet auch die Gosche (Goschn) ein loses Mundwerk. In der sprachlichen Feinjustierung kommt bei der Bappn lediglich noch ein mürrisches Gesicht dazu. Wenn die Frau Merkel von der CSU genervt ist und ihre Mundwinkel entsprechend variiert, dann zieht auch sie eine Bappn.

© SZ vom 27.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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