Kommunalwahlen in Bayern:Störung der rot-schwarzen Rathausschmuserei

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Mit Carda Seidel mischt eine 43-jährige, parteilose Juristin aus Nürnberg die verfilzte Ansbacher Politikszene auf.

Uwe Ritzer

Viele von denen, die Ralf Felber am vergangenen Samstag beim Straßenwahlkampf in der Ansbacher Fußgängerzone aus der Nähe beobachtet haben, fiel vor allem die Angespanntheit des amtierenden Oberbürgermeisters auf.

Carla-Seidel, OB-Kandidatin in Ansbach. (Foto: Foto: dpa)

Dabei ist der 53-jährige Sozialdemokrat ansonsten durchaus das, was man gemeinhin einen "lockeren Typen" nennt. Auch zahlreiche Angriffe auf seine Amtsführung ließ der seit 1990 amtierende Felber bislang scheinbar ungerührt an sich abprallen. Mal ging es um die rekordverdächtig schnelle Beförderung einer sehr engen Mitarbeiterin, andere Male um teure Fressgelage mit seinem Rathausstab oder Aufsichtsratskollegen der Stadtwerke.

Auch wenn die Opposition häufig Selbstherrlichkeit, undemokratische Zustände und kleinstädtische Amigo-Strukturen in Mittelfrankens Bezirkshauptstadt anprangerte - Felber blieb immer gelassen. Der Rathauschef wusste um seine komfortable Ausgangsposition, denn er wird nicht nur von seiner SPD, sondern auch der örtlichen CSU unterstützt.

Vielleicht wird ihm gerade das nun zum Verhängnis. Denn trotz oder gerade wegen dieser großen Rathauskoalition holte Ralf Felber bei der OB-Wahl vor knapp zwei Wochen nicht einmal mehr 33 Prozent der abgegebenen Stimmen. Er wurde sogar überflügelt, und das von einer Frau, die politisch ein völlig unbeschriebenes Blatt und obendrein nicht einmal Ansbacherin ist. Die im Auftreten unbefangene Carda Seidel ist von der Bürgerinitiative Ansbacher Parteiloser (BAP), der ÖDP und den Freien Wählern ins Rennen geschickt worden.

Sie holte 38,9 Prozent, fast sechs Prozentpunkte mehr als Amtsinhaber Felber. Pikante Randnotiz: Die 43-jährige Juristin arbeitet als persönliche Referentin des Nürnberger Umweltreferenten Klemens Gsell (CSU), der gerade bei der Nürnberger OB-Wahl haushoch an Ulrich Maly (SPD) gescheitert ist.

Ansbacher gegen Nürnberger

Seidels Herkunft wird von CSU und SPD nun in den Tagen vor der Stichwahl ganz besonders stark thematisiert. Ansbacher und Nürnberger verband früher eine historische Rivalität, welche Felber und seine Getreuen nun aus der politischen Mottenkiste hervorkramten.

Die Bevölkerung müsse sich fragen, mahnte die CSU in einer Wahlanzeige in der Lokalzeitung, ob sie wirklich wolle, dass kleine Parteien "mit einer Nürnbergerin an der Spitze" die Stadt regierten. Dass die kleinen Parteien und Gruppierungen in Ansbach so groß wurden, verdanken sie allerdings vor allem der engen Zusammenarbeit von CSU und SPD, die nicht wenige in der Stadt als politische Klüngelei empfinden. Vieles werde ausgemauschelt und nicht offen im Stadtrat diskutiert, klagt die Opposition.

Gemeinsames Wahlplakat

Zum zweiten Mal nach 2002 nominierte die CSU - obwohl von Haus aus mit Abstand stärkste Partei in der konservativen Beamtenstadt - keinen eigenen OB-Kandidaten, sondern bekannte sich vorbehaltlos zu Felber. Kritiker aus den eigenen Reihen watschte der örtliche CSU-Chef Klaus-Dieter Breitschwert rigoros ab. Im Landtag spielt der Abgeordnete Breitschwert keinerlei Rolle.

In Ansbach ist er derjenige, der die schwarzen Truppen fest hinter dem roten Ralf zusammenhält. Dafür darf er seit Jahren Felber als Bürgermeister vertreten. Gemeinsam lächelten beide vor der Wahl von einem Plakat. Sollte Felber am Sonntag abgewählt werden, wäre nicht nur er, sondern auch Breitschwert der Verlierer.

CSU musste Federn lassen

Die von vielen Bürgern mit Argwohn beobachtete schwarz-rote Schmuserei im Rathaus hat dazu geführt, dass nicht nur die SPD, sondern vor allem die CSU bereits zum wiederholten Mal kräftig Federn lassen musste. Zusammen verloren die beiden großen Parteien bei der Wahl am 2. März fünf Sitze (CSU 3, SPD 2) und stellen mit 22 von 40 Sitzen gerade noch die Mehrheit. Der Ausgang der sonntäglichen Stichwahl wird wesentlich davon abhängen, wie die Wähler von Wolfgang Bartusch abstimmen werden.

Der ob seines Engagements in der Kulturszene und als Fußballtrainer beliebte Grünen-Kandidat lag bei der OB-Wahl mit 26 Prozent auf Rang drei hinter Seidel und Felber. Seine Stimmen würden zum größten Teil an Seidel gehen, mutmaßt man in Ansbach. Andererseits könnte Amtsinhaber Felber von einem etwaigen Mitleidseffekt profitieren.

In einer ersten Reaktion auf das selbst von der Ansbacher Lokalzeitung als "Sensation" gewertete Ergebnis des ersten Wahlgangs sagte Oberbürgermeister Felber, er sei für seine "geradlinige Politik" abgestraft worden. Denn wenn man Politik mache wie er, mache man sich "nicht nur Freunde".

© SZ vom 13.03.2008/maru - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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