Kommentar:Wechsellust in Bayern

In Bayern ist die Erdkruste in Bewegung geraten. Insbesondere die CSU steht auf politisch instabilem Grund - eine völlig neue Erfahrung für eine Partei, die ihr dröhnendes Selbstbewusstsein stets aus ihrer Dominanz in den Kommunen gezogen hat.

Sebastian Beck

Was ist auf einmal mit den bayerischen Wählern los? Bei den Stichwahlen am gestrigen Sonntag haben sie sich abermals so unberechenbar gezeigt wie vor zwei Wochen. In Augsburg stürzten sie den SPD-Oberbürgermeister Paul Wengert, in Würzburg wählten sie die CSU-Oberbürgermeisterin Pia Beckmann ab, im Landkreis Weilheim-Schongau setzte sich ein SPD-Kandidat gegen den amtierenden CSU-Landrat durch. Die Liste ließe sich beliebig verlängern.

Sie dokumentiert eine in diesem Ausmaß bisher unbekannte Lust auf den Wechsel. In Bayern ist die Erdkruste in Bewegung geraten, nur wohin sich die Platten verschieben, das lässt sich schwer vorhersagen. Insbesondere die CSU steht auf politisch instabilem Grund - das ist eine völlig neue Erfahrung für eine Partei, die ihr dröhnendes Selbstbewusstsein stets aus ihrer Dominanz in den Kommunen gezogen hat. Die CSU ist der große Verlierer der Wahl, daran ändert auch ihr Erfolg in Augsburg nichts. Das von Parteichef Erwin Huber ausgegebene Ziel, 50 Landräte zu stellen, hat die CSU verfehlt.

Für die SPD lief es bei den Stichwahlen zwar besser als noch vor zwei Wochen. Ihr Oppositionsführer Franz Maget wähnt sich bereits auf Augenhöhe mit der CSU - was allenfalls die neu gewonnene Fähigkeit der SPD belegt, jegliches Ergebnis als Erfolg und Hoffnungszeichen zu feiern.

Gewinner der Wahlen sind vielmehr die Freien Wähler, die Grünen und die FDP. Von ihrem Abschneiden bei der Landtagswahl im Herbst wird es abhängen, ob die glücklos agierende CSU ihre absolute Mehrheit noch einmal verteidigen kann. Die Botschaft der Kommunalwahl heißt: In Bayern ist alles möglich.

© SZ vom 17.03.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: