Kommentar:Von wegen grundanständig

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Der Rückzug Felbingers kommt zu spät für die Freien Wähler. Das Image der Partei, die immer die saubere Alternative zur CSU sein wollte, hat Schaden genommen. Das liegt auch am zögerlichen Agieren von Fraktionschef Aiwanger

Von Katja Auer

Mit seinem Austritt aus der Fraktion hat Günther Felbinger den Freien Wählern einen letzten Dienst erwiesen. Zu spät allerdings, die Partei hat schon Schaden genommen. Spätestens als klar war, dass er wegen Betrugs angeklagt wird, hätte Felbinger diesen Schritt gehen müssen. Denn der Prozess ist keine Privatangelegenheit, Abgeordnete haben eine Vorbildfunktion und Felbinger soll ausgerechnet den Landtag, in den er vom Volk gewählt wurde, um 50 000 Euro betrogen haben. Sein Rückzug kommt nicht aus Reue, das wird aus seiner Erklärung deutlich, in der er jammert statt bedauert, sondern weil der Druck zu groß geworden ist und er so einem Ausschluss zuvor kommt.

Auf einen solchen haben viele längst gewartet, doch Fraktionschef Hubert Aiwanger hat gezaudert und Felbinger lavieren lassen. Nun waren es vor allem die Freien Wähler in Felbingers Heimat Unterfranken, die ihren Ruf bedroht sahen. Dabei müsste es gerade Aiwanger wichtig sein, dass seine Freien Wähler nicht in den Ruch einer korrumpierbaren Partei geraten. Immerhin stilisiert er seine Gruppierung gerne als saubere Alternative zur angeblich verfilzten CSU, als grundanständige Vertreter der einfachen Leute. Das wird nun konterkariert durch das moralisch fragwürdige Verhalten Felbingers ebenso wie schon von Bernhard Pohl, der vor anderthalb Jahren wegen Trunkenheit am Steuer verurteilt wurde und daraus ebenfalls nur die Konsequenz zog, ein paar Posten ruhen zu lassen. So entsteht Politikverdrossenheit und der Eindruck, dass es vielen Politikern nur um den eigenen Vorteil geht, in Felbingers Fall um seine Pension. Die bekommt er komplett, wenn er noch ein paar Monate aussitzt.

Aiwanger, der Vielfach-Vorsitzende, der am liebsten alles selber macht, war schwach in solchen Situationen. Statt durchzugreifen und zu beweisen wie grundanständig es zugeht bei den Freien Wählern, ließ er die Dinge laufen. Das könnte sich bei den anstehenden Wahlen auszahlen. In Stimmverlusten.

© SZ vom 12.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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