Kommentar:Die pure Ignoranz

In den mittelfränkischen Bezirkskliniken kann der Vorstand seine Macht offenbar ohne jegliche Kontrolle ausleben. Die Politiker im Verwaltungsrat verschanzen sich hinter den Zahlen und ducken sich weg

Von Uwe Ritzer

Auf dem Radarschirm der politischen Wahrnehmung tauchen Bezirkstage selten auf. Die Öffentlichkeit verfolgt Europa-, Bundes- und Landespolitik, sowie das Geschehen im Kommunalen. Dazwischen eingeklemmt, führen die bayerischen Bezirkstage ein Schattendasein. Im Schatten aber, das weiß jeder Gartenbesitzer, gedeiht vieles ziemlich gut, das man eigentlich nicht haben will.

In Mittelfranken spielt sich gerade ein Lehrstück darüber ab, was passiert, wenn in einem Schatten viel Macht keiner Kontrolle gegenübersteht. In den mittelfränkischen Bezirkskliniken herrschen bizarre Zustände. Sie werden von einem selbstherrlichen Vorstand mit fragwürdigem Geschäftsgebaren und scheinbar ausgeprägtem Hang zu Rücksichtslosigkeit gegen all jene geführt, die sich ihm nicht bedingungslos unterwerfen.

Die Bezirksräte lassen ihn gewähren, allen voran Präsident Richard Bartsch (CSU). Er versagt als oberster Kontrolleur und steht bedingungslos zum umstrittenen Vorstand. Ein Campingbus mit Luxus-Freizeitausstattung als Zweit-Dienstwagen zur Limousine? Kein Problem. Mitarbeiter, die mundtot gemacht oder gefeuert werden? Ja mei. Abmahnungen, absurde Psychospielchen, aus dem Ruder gelaufene Millionenprojekte, Planungschaos, ständig wechselnde Führungskräfte, die Weitergabe vertraulicher Angebotsdaten einer Firma an deren CSU-nahe Konkurrenz - egal was, Bartsch duckt sich weg.

Stattdessen wird politische Verantwortung delegiert. Präsident, CSU, SPD und FW verschanzen sich hinter Gutachtern, statt ihre Kontrollpflicht wahrzunehmen. Sie interessiert nur, dass die Klinikfirma Gewinn macht. Die Methoden sind dabei egal. Und weil die Zahlen schwarz sind, haben sie dem Vorstand gerade das Gehalt um fast 50 Prozent auf ein Niveau katapultiert, von dem selbst die Chefs viel größerer kommunaler Kliniken nur träumen. Politiker, die so handeln, haben Maß und Ziel verloren.

© SZ vom 10.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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