Koalitionskrach über Jugendgewalt:Wahlkampf in Berlin, Frieden in Kreuth

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Im Koalitionsstreit über den Umgang mit Jugendgewalt stellt sich Kanzlerin Merkel als CDU-Chefin hinter Roland Koch. Die versöhnlichen Töne kommen in diesem Jahr aus einer ungewohnten Richtung: Aus Wildbad Kreuth, von der CSU-Klausur.

Birgit Kruse

Kanzlerin Merkel schlüpft in ihrer Pressekonferenz zur aktuellen Politik in die Rolle der Parteipolitikerin. Sie unterstreicht das Sicherheitsbedürfnis der Bürger und stellt sich hinter den Wahlkampf von Roland Koch. Merkels Blick wird ein wenig strenger. "Das ist jetzt ein wenig CDU-Vorsitzenden-lastig", sagt sie.

Bundeskanzlerin Angela Merkel auf der Bundespressekonferenz. (Foto: Foto: AP)

Und als Parteichefin stellt sie sich voll hinter ihren wahlkämpfenden Ministerpräsidenten Roland Koch. Und hinter seine Forderungen zu härteren Jugendstrafen. "Wir haben zu viel Kriminalität in Deutschland. Auch zu viel Kriminalität von jungen Leuten und in der Statistik deutet vieles darauf hin, dass die Hälfte davon von ausländischen Jugendlichen verübt wird. Es darf im Wahlkampf keine Tabuthemen geben. Das Thema bewegt die Menschen, es treibt sie um und deswegen hat Koch die Unterstützung der gesamten CDU dafür."

Damit mag die Kanzlerin Recht haben. Doch der laute Wahlkampf, der derzeit keine Spitze gegen den Koalitionspartner SPD auslässt, geht allmählich vielen auf die Nerven, sogar in den eigenen Reihen. Die Aufrufe zur Besonnenheit kommen allerdings aus einer unerwarteten Ecke.

Aufruf zur Mäßigung aus Kreuth

Während Bundeskanzlein Merkel in Berlin ihr Statement zur Großen Koalition abgibt, beschäftigt das Thema auch die CSU bei der Klausurtagung der Landtagsfraktion in Wildbad Kreuth. Die mäßigenden Töne kommen ausgerechnet von einem Mann, der sich mit rustikal-derben Verbalattacken als CSU-Generalsekretär weit über die bayerischen Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht hatte: Markus Söder.

Der neue bayerische Europaminister mahnt die Große Koalition in Berlin, in ihren Debatten endlich wieder sachliche Töne anzuschlagen - spätestens nach den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen. Denn gegenseitige politische Angriffe würden nur der Politik insgesamt schaden, sagt er, nachdem er sich an den Kamerateams und Journalisten vorbei ins Tagungsgebäude geschlichen hat. "Auch der, der angreift, macht damit keinen Punkt".

Markus Söder, der Versöhner

Diese versöhnlichen Töne, an die man sich vor allem bei Söder noch gewöhnen muss, spiegeln indes die Stimmung wieder, die in diesen Tagen innerhalb der CSU-Fraktion vorherrschen: innere Geschlossenheit und sachliche Debatten.

So bemerkt auch Innenminister Joachim Herrmann zu Kochs Forderungen in Hessen nur lapidar: Er befinde sich eben in der Schlussphase seines Wahlkampfes und versuche, "seine besonderen Akzente zu setzen".

Denn in diesen Tagen konzentriert sich die CSU ganz auf sich allein. Egal welcher CSU-Politiker aus Fraktion oder Kabinett an diesem Tag in Wildbad Kreuth vor die Journalisten tritt. "Die CSU will eine klare Linie, einen klaren Kurs haben", sagt etwa Fraktionschef Georg Schmid und lobt im gleichen Atemzug die "exzellente Erfahrung" und die "exzellente Politik" des Führungstandems Beckstein und Huber.

Keiner wird müde, die neue innere Stabilität eben der Partei zu betonen, die erst vor einem Jahr an dem selben Ort den Sturz von Edmund Stoiber als Regierungschef und Ministerpräsident herbeigeführt hatte. Kein Wunder. Auch die CSU befindet sich Wahlkampf.

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