Katastrophenbilanz:Vermisstes Paar ist in Sicherheit

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Eheleute werden tagelang irrtümlich gesucht. Die Aufräumarbeiten dürften noch Monate dauern. Die Zahl der Todesopfer steigt auf sieben

Die Zahl der Toten bei der Flutkatastrophe in Niederbayern ist weiter gestiegen. Wie die Polizei am Freitag mitteilte, ist ein 72-jähriger Mann im Krankenhaus an den Folgen einer Herzattacke gestorben. Zuvor war er aus einem überfluteten Bach in Triftern gerettet worden. Damit sind nun offiziell sieben Todesopfer zu beklagen. Das seit Tagen als vermisst gemeldete Ehepaar aus Simbach am Inn ist aber wohlauf. Wie erst am Freitag bekannt wurde, hatten sich der 81 Jahre alte Mann und seine 77-jährige Frau bereits am ersten Tag der Hochwasserkatastrophe in ihrem Haus selbst im Sicherheit gebracht. Weil das Paar telefonisch nicht erreichbar gewesen sei und ihr Haus nicht zugänglich, galten die beiden fälschlicherweise als vermisst, sagte ein Polizeisprecher. Dieser Irrtum habe sich erst am Freitag aufgeklärt. Nun gebe es keine Vermissten mehr. Die Aufräumarbeiten in den Landkreisen Rottal-Inn und Passau gehen derweil voran. Bagger räumten teils meterhoch angeschwemmten Unrat beiseite. Baumstämme liegen noch fünf Meter hoch an den Häusern. Feuerwehren saugten mit Spezialschläuchen Schlamm und Wasser ab. Anwohner griffen zur Schaufel. Es dürfte aber noch Monate dauern, bis die Folgen der Flut beseitigt sind. Mit Hochdruck arbeiteten die Behörden daran, die Trinkwasserversorgung wieder in Ordnung zu bringen. Das Technische Hilfswerk errichtete am Freibad von Simbach eine Anlage zur Wasseraufbereitung. "Unser Ziel ist es, die Trink- und Brauchwasserversorgung im Gemeindegebiet Simbach so schnell wie möglich wieder in Funktion zu setzen", sagte der Rottaler Landrat Michael Fahmüller.

Der Polizei machten Schaulustige und die Sorge um Plünderungen zu schaffen. Neugierige behinderten die Arbeiten, deshalb wurde etwa die Innbrücke von Braunau nach Simbach für Fußgänger gesperrt. Die Polizei müsse "fast schon Platzverweise erteilen", sagte ein Sprecher. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte: "Sich an menschlichen Katastrophen ergötzen und dabei Menschen im Weg stehen, die anderen Menschen in der Not helfen wollen, ist alles andere als lustig. Es ist schlichtweg unverschämt." Er forderte: "Helfen statt gaffen - das ist das, was wir in Notsituationen brauchen." Herrmann lobte die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung und die Arbeit der insgesamt mehr als 4000 Helfer. An diesem Samstag wird sich Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) in Simbach über die Lage informieren und Gespräche mit Kommunalpolitikern und Einsatzkräften führen.

Im Landkreis Passau hat Landrat Franz Meyer den Katastrophenfall inzwischen wieder aufgehoben. Die Aufräumarbeiten unterliegen nun der Verantwortung der Ortsfeuerwehren und Gemeinden. In Passau geht man von einer Schadenssumme von zwölf bis 15 Millionen Euro aus, in Rottal-Inn sogar von einem dreistelligen Millionenbetrag. Während sich die Situation in Passau entspannte, hat heftiger Regen im Landkreis Ansbach erneut Bäche und Seen über die Ufer treten lassen. Zahlreiche Keller liefen am Donnerstagabend mit Wasser voll, Fahrbahnen wurden überflutet. Der Bund Naturschutz wertet die Ereignisse der vergangenen Tage als "Alarmsignal". Der Vorsitzende Hubert Weiger forderte die Politik auf, den Klimawandel wesentlich stärker zu bekämpfen als bisher. Auch eine Änderung der Verkehrspolitik nannte Weiger "längst überfällig".

Für die Krisengebiete gab es Hilfe aus ganz Bayern. Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) bot der Stadt Simbach technische Unterstützung von Fachleuten an. Die Sozialstiftung des Bayerischen Fußball-Verbandes will die Hochwasseropfer mit 50 000 Euro unterstützen. Das Sozialministerium hat ein Spendenkonto eingerichtet.

© SZ vom 04.06.2016 / Dpa, heff, SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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