Karlheinz Schreiber vor Gericht:Der Wichtigtuer und die CSU

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Mit seiner Aussage über illegale CSU-Konten präsentiert sich Karlheinz Schreiber vor Gericht in seiner Lieblingsrolle: als Wichtigtuer.

Hans Leyendecker

Die Erkenntnis ist alt, aber fast immer richtig: Tote Zeugen sind gute Zeugen. Diesem Lehrsatz folgte der Angeklagte Karlheinz Schreiber vor dem Augsburger Landgericht. Über ihn seien Anfang der neunziger Jahre rund 1,4 Millionen Mark heimlich an die CSU geflossen, ließ er einen seiner Verteidiger erklären. Beweis? Verstorbene Entlastungszeugen.

Karlheinz Schreiber (Foto: Foto: Reuters)

Im Dickicht des Panzer-Krimis, der von Schmiergeldern, Managern und einigen Politikern handelt, waren die Toten bereits vor acht Jahren aufgetaucht: Franz Josef Strauß und dessen zeitweiliger Gehilfe Franz Dannecker wurden von Schreiber 2002 in Toronto posthum zu Schlüsselfiguren der Affäre erklärt.

In dieser Rolle sollten sie vor allem einen entlasten: Schreiber, der sich damals der deutschen Justiz durch die Flucht nach Kanada entzogen hatte. Doch die offenbar sorgsam aufgebaute Verteidigungslinie hielt diesmal nicht einmal ein paar Stunden.

Die Lektüre alter Aussagen Schreibers und die Auswertung von Dokumenten und Untersuchungen zeigt, dass die Feststellung der Staatsanwaltschaft am Mittwoch, Schreiber werfe "mit Nebelkerzen", noch eine arge Untertreibung ist. Es macht "Pfttttt" - und die heiße Luft entweicht.

Schreiber hat vor acht Jahren erklärt, "naturgemäß" gebe es über die Zahlungen keine Aufzeichnungen, und er ist auch diesmal Beweise schuldig geblieben. Belastbares, prüfbares Material hat er nicht vorgelegt.

Der Fall Schreiber ist ein ganz spezielles Ärgernis: Jahrelang hat er die Republik aus seinem einstigen kanadischen Exil mit Andeutungen, Drohungen, Ankündigungen versorgt. Er war ein Meister der Ankündigungen; er benutzte dazu Medien - und die ließen sich gern benutzen. Denn Schreibers Erzählungen lieferten immer wieder Stoff für alle möglichen Spekulationen.

Vom "Todeskuss", den er Politikern verpassen werde, war die Rede und dass er den CDU-Politiker Wolfgang Schäuble in eine Grube plumpsen lasse, wenn der nicht spure. Was für eine Unverschämtheit, was für eine Charakterlosigkeit.

Was trieb ihn an, was treibt ihn an? Die Antwort ist einfach: eigennützige Motive. Vermutlich hat er zunächst gehofft, irgendjemand ganz oben werde im einstigen Amigo-Land der Staatsanwaltschaft in den Arm fallen. Dann wollte er wahrscheinlich den persönlichen Schaden begrenzen.

Der Angeklagte, der 1999 unbeabsichtigt die CDU-Spendenaffäre ins Rollen gebracht hat, die eigentlich eine Affäre des Altkanzlers Helmut Kohl war, betreibt mit seinen Verdächtigungen Verteidigung in eigener Sache.

Dabei ist schon lange bekannt, dass der ehemalige Parteivorsitzende Strauß über ein Geflecht sogenannter Sonderkonten verfügte, auf die er Spenden in Millionenhöhe lenkte - unbehelligt von der Partei oder vom Fiskus. Bekannt ist auch, dass die CSU einst Gelder über die Schweiz gewaschen hat. Für solche Aufklärung braucht es keinen Schreiber. Hier macht sich einer wichtig, der schon längst keine Rolle mehr spielt.

© SZ vom 21.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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