Kampf um den CSU-Vorsitz in Oberbayern:Lautsprecher gegen Leisetreter

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Die Minister Goppel und Schneider kämpfen um den Vorsitz der Oberbayern-CSU und wollen so in die Parteispitze aufsteigen.

Kassian Stroh

Die Minister Goppel und Schneider kämpfen um den Vorsitz der Oberbayern-CSU und wollen so in die Parteispitze aufsteigen. Der Schutzpatron der CSU, sagt Wissenschaftsminister Thomas Goppel, müsste eigentlich der heilige Martin sein.

(Foto: Foto: dpa)

Der sah während eines Ausritts einen Bettler und teilte Mantel wie Proviant. "Probleme analysieren; schauen, was man selber tun kann; sehen, dass es erledigt wird" - genau das sei die Politik der Christsozialen, sagt Goppel. Wäre er der heilige Martin, so ließe sich der Gedanken fortspinnen, würde Goppel sich dann auf den Marktplatz stellen und laut, ein bisschen verschwurbelt vielleicht, seine Verdienste preisen.

Wäre Kultusminister Siegfried Schneider der heilige Martin, würde er wahrscheinlich nach Hause reiten, bei der nächsten Kabinettssitzung einen Bericht abgeben und vielleicht ein Papier vorlegen, wie Bettlern auch künftig geholfen werden kann.

Der Lautsprecher Goppel oder der Leisetreter Schneider - am Samstag entscheidet sich, wer von ihnen einen der wichtigsten Posten der CSU einnimmt. Dann wählt die Oberbayern-CSU, der größte und selbstbewussteste Bezirksverband, ihren neuen Vorsitzenden. Eine Schlüsselposition im parteiinternen Machtgefüge, die seit 1994 der einflussreiche Alois Glück innehatte.

Wer vorne liegt, ist unklar

Wie die Wahl ausgeht, ist völlig offen. Goppel gewinnt, sagen die einen, wenn man sich in der CSU umhört. Alles andere als Schneider wäre eine Überraschung, die anderen. Die meisten wagen keine Prognose. Klar ist: Auf Seiten Schneiders steht die weit überwiegende Zahl der CSU-Abgeordneten und vor allem der 22 Kreisvorsitzenden.

Aber ob deren Stimme Gewicht genug hat, auch die Delegierten zu überzeugen? Nein, die ließen sich ungern dreinreden, sagt ein CSU-Mann, der den Oberbayern-Bezirk lange und gut kennt. Zu aufdringliches Werben für Schneider wäre eher kontraproduktiv.

Der Chef eines der großen Kreisverbände wiederum berichtet, ihn hätten seine Delegierten gefragt, wen sie denn wählen sollten. Und das werde er ihnen am Samstagmorgen, wenn sich vor Beginn der Versammlung die einzelnen Kreisverbände noch einmal zusammensetzen, auch sagen. Er wird Schneider empfehlen.

Vielleicht entscheiden am Ende die Vorstellungsreden der beiden - die Modalitäten, Zeit und Reihenfolge, sollten am Donnerstagabend in kleiner Runde festgeklopft werden. Die Strategien sind klar: Goppel reklamiert für sich, bei viel mehr Themen mitsprechen zu können als Schneider, und sieht sich in der CSU besser vernetzt: "Ich kenne die Partei wie sonst nur der Parteivorsitzende und der Generalsekretär."

Vor allem aber greift er die Furcht vieler Oberbayern auf, nach dem Weggang Edmund Stoibers von den anderen Bezirksverbänden personell an den Rand gedrängt zu werden. "Die Oberbayern sind nie in einer Position, dass sie sagen würden: Wir warten ab, was uns präsentiert wird", sagt Goppel und verspricht: "Mit mir wird mitgeredet."

Dass er allerdings Alois Glück mal mehr, mal weniger vorwirft, diese Interessen vernachlässigt zu haben, stößt auf Unwillen. Goppel stelle die Lage des CSU-Bezirks schlechter dar, als sie ist, und tue sich mit der selbst gegebenen Rolle als alleiniger Heilsbringer keinen Gefallen, sagen seine Gegner.

Schneider deutet das allenfalls an, man kann es nur zwischen den Zeilen lesen, etwa wenn er sagt: "Ich bin im Ton etwas leiser, aber in der Sache erfolgreich." Das habe er bewiesen, als er nach der Wahl 2003, als Sprecher der oberbayerischen Landtagsabgeordneten, in den Verhandlungen mit den anderen Bezirken eine ganze Reihe seiner Leute in führende Positionen gehievt habe.

"Man kann der größte Verband sein, aber wenn wir keine Partner gewinnen, sind die anderen ganz schnell die Mehreren", warnt Schneider. Goppel indes hat seine eigene Rechnung aufgemacht: Die Münchner und die Oberbayern müssten in der Nach-Stoiber-Zeit von den 18 Posten im Kabinett sieben bis neun besetzen - derzeit sind es sechs -, denn sie stellten 45 Prozent der CSU-Mitglieder.

Diese Zahl will er aus der Parteizentrale bekommen haben, dort aber erfährt man, dass die Oberbayern gerade mal ein Viertel der Mitglieder stellen, zusammen mit München ziemlich genau ein Drittel. "Goppel überreizt", heißt es in der CSU, und stoße mit überzogenen Forderungen den Rest der Partei vor den Kopf - am Ende könne man leer ausgehen.

Von glorreichen Zeiten

Die glorreichen Zeiten der Oberbayern werden so schnell nicht wiederkommen, argumentieren Schneiders Unterstützer. Der müsse aber als Bezirkschef die Weichen stellen, dass sie zumindest in der Nach-Beckstein-Zeit wieder ganz vorne mitspielen - Schneider selbst vielleicht sogar als Regierungschef.

Diesen Traum hegt insgeheim wohl auch Goppel, der Fragen nach derartigen Ambitionen kryptisch, aber nie mit einem klaren Nein beantwortet. Das sei doch nur noch absurd, halten ihm seine Gegner vor. Aber wie soll Schneider bei der Wahl 2008 den Stimmenstaubsauger Stoiber ersetzen, fragen die Befürworter Goppels.

Das könne der Wissenschaftsminister mit seiner Bekanntheit, seiner Redekunst viel besser. Schneider entgegnet dem, er setze auf ein Team. Goppel wiederum setzt die Delegierten unter Druck, indem er verkündet, unter Schneider nicht Bezirksvize bleiben zu wollen.

Wenn Ihr mich wollt, dann ganz, heißt das. Für Schneider wäre der Sieg ein Karrieresprung und der erste, den er sich erkämpft hätte. Für Goppel ist der Samstag die letzte Chance, zu einem der wirklich Wichtigen in der CSU zu werden.

© SZ vom 29.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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