Jugendliche Straftäter:Polizei holt Schläger aus dem Unterricht

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Brutale Übergriffe von Jugendlichen: Zwei 15-Jährige verprügeln einen Rentner in der Nürnberger U-Bahn - in Neu-Ulm schlägt ein Schüler seinen Lehrer.

O. Przybilla

Die Geschwister-Scholl-Realschule genießt einen guten Ruf in Nürnberg. Die Schule an der Grenze zur Stadt Fürth wurde vor sechs Jahren neu eingerichtet, es gibt dort eine von zwei Talentklassen in Bayern und eine Ganztagesbetreuung.

Der brutale Überfall von zwei jungen Männern auf einen Rentner in einer Münchner U-Bahn-Station sorgte im vergangenen Jahr bundesweit für Schlagzeilen. (Foto: Foto: AP)

Am Dienstag aber geriet die Scholl-Schule ins Visier der Polizei. Aus dem Unterricht wurden zwei 15 Jahre alte Schüler mitgenommen, die kurz vor Schulbeginn einen 54 Jahre alten Frührentner im Nürnberger U-Bahnhof Plärrer brutal zusammengeschlagen hatten.

Anlass für die Tat scheint eine Lappalie gewesen zu sein. Als der Rentner aus dem Waggon steigen wollte, kamen ihm die Schüler entgegen, offenbar behinderte man sich gegenseitig. Augenzeugen zufolge kam es zu einem kurzen Wortwechsel, danach sollen die beiden Schüler den Mann niedergeschlagen und mit den Füßen traktiert haben.

Der Mann erlitt erhebliche Kopfverletzungen. Augenzeugen verständigten die Polizei, die beiden Täter flüchteten mit der U-Bahn - in die Schule. Nach einer kurzen Vernehmung wurden sie ihren Eltern übergeben. Nach Auskunft eines Polizeisprechers sollen sie sich in dem Gespräch "nicht besonders einsichtig" gezeigt haben.

Offensichtlich nimmt die Zahl der Übergriffe von jungen Leuten auf Ältere immer stärker zu. Zu einer Gewalteskalation kam es am Mittwoch auch in einer Hauptschule in Neu-Ulm. Dort prügelte ein 14 Jahre alter Schüler auf seinen Lehrer ein.

Der 58-Jährige hatte den Jugendlichen wegen Störung des Unterrichts des Klassenzimmers verweisen wollen. Daraufhin schlug der Schüler dem Lehrer zweimal mit der Faust ins Gesicht. Der als "schwierig" bekannte Schüler wurde für zunächst vier Wochen vom Schulbesuch ausgeschlossen. Der betroffene Lehrer ist aufgrund seiner Verletzungen vorerst nicht dienstfähig.

Erst vor zehn Wochen war es in einem U-Bahnhof der Linie 1, die die Städte Nürnberg und Fürth miteinander verbindet, zu einem schweren Zwischenfall gekommen. In einer Fürther Station hatte ein 15 Jahre alter Jugendlicher einen 34-Jährigen verprügelt.

Videoaufnahmen zeigten, wie der Mann den auf einer Bank kauernden Jugendlichen ansprach - und wie der Täter anschließend mit Fäusten und Füßen sein am Boden liegendes Opfer traktierte. Die Staatsanwaltschaft sprach von Szenen, die brutaler gewesen sein sollen als in dem Fall von München. Dort hatten im Dezember 2007 zwei 17 und 20 Jahre alte Männer einen Rentner in der U-Bahn zusammengeschlagen. Im Juli wurden sie zu achteinhalb und zwölf Jahren Haft verurteilt.

Die beiden Nürnberger Schüler besuchten am Mittwoch wieder die Scholl-Schule. Deren Leiter Hans Gradl äußerte sich bestürzt. Warum die beiden auf dem Schulweg ganz ohne Alkoholeinfluss ausgerastet seien, bleibe ihm nach einem Gespräch mit den beiden "ein Rätsel" - immerhin hätten sich zum Tatzeitpunkt 50 Mitschüler in der Station aufgehalten.

Stefanie Bauer, zuständig für Realschulen in Nürnberg, erklärt, die Schule im Stadtteil Muggenhof weise zwar die "für eine Arbeiterstadt klassische Sozialstruktur" auf. Als konfliktträchtig sei sie jedoch nie aufgefallen. Eine Parallele zu dem Fall in einer Hauptschule im Süden der Stadt verbiete sich daher. Im Februar 2007 hatten dort zehn Schüler einen Polizisten auf dem Schulhof verprügelt - um einen Mitschüler zu befreien. Der Beamte hatte zuvor den gewalttätigen Schüler in einen Streifenwagen gesperrt.

© SZ vom 13.11.2008/ssc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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