Interview mit dem designierten SPD-Spitzenkandidaten:"Wir müssen den Oppositionsgeist vertreiben"

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Drei Monate vor den Landtagswahlen in Bayern stellt Franz Maget die Machtfrage und erklärt, dass ein Verlust der CSU-Mehrheit gut für Bayern wäre.

Sebastian Beck und Andreas Roß

Franz Maget, der Fraktionschef der SPD im Landtag, wird am Sonntag zum Spitzenkandidaten seiner Partei für die Landtagswahl gewählt. Im SZ-Interview gibt sich der 54-Jährige zuversichtlich.

Bis zum 28. September wird er in der Bayern-SPD den Takt vorgeben: Fraktionschef Franz Maget, der Spitzenkandidat zur Landtagswahl. (Foto: Foto: Seyboldtpress)

SZ: Herr Maget, im Januar haben Sie den Wiederaufstieg der SPD angekündigt, und zwar in Bayern wie im Bund. In Wirklichkeit ist die Partei danach in eine schwere Krise gestürzt. Wie kam es zu der Fehlprognose?

Franz Maget: Bezogen auf den Bund war der Januar eine gute Zeit für die SPD. Die Probleme begannen nach der Hessenwahl, als Andrea Ypsilanti mit der Linkspartei eine Regierung bilden wollte. Seitdem ist die SPD auf Bundesebene in einer schwierigen Situation und zu sehr mit sich selbst beschäftigt. In Bayern hingegen hat sich die SPD sehr stabilisiert. Wir brauchen zwar dringend Rückenwind aus Berlin, das stimmt. Aber wir sind hier so geschlossen wie nie zuvor.

SZ: Einige in der Partei feiern Sie schon als Ministerpräsidenten. Darf man mit 20 Prozent in Umfragen überhaupt die Machtfrage stellen?

Maget: Das mag manchem vermessen erscheinen. Ich glaube aber trotzdem, dass es für die SPD wichtig ist, den Oppositionsgeist zu vertreiben und Zuversicht zu gewinnen. Ich bin überzeugt davon, dass die Landtagswahlen spannender als je zuvor werden. Ein Verlust der absoluten Mehrheit der CSU ist erreichbar. Eine gute Opposition muss immer auch den Anspruch haben, selber zu regieren. Diesen Anspruch habe ich.

SZ: Einzige Chance für die Ablösung der CSU wäre eine Viererkoalition zwischen SPD, Freien, Grünen und der FDP. Doch die FDP will nicht mitmachen. Das war's dann.

Maget: Es gibt ein gemeinsames Ziel: Wir wollen die absolute Mehrheit der CSU brechen. Es wäre gut für die Demokratie in Bayern, wenn es zu einer anderen Konstellation komme würde.

SZ: Nur ohne FDP geht das nicht.

Maget: Vorsicht! Ich rate der FDP, sich jetzt nicht festzulegen. Die kleineren Parteien sollten sich keinen Wettlauf liefern, wer am schnellsten im Bett der CSU liegt.

SZ: Die Menschen sind mit der CSU zwar unzufrieden. Aber eine echte Wechselstimmung ist nicht zu spüren.

Maget: Die CSU hat Vertrauen verloren. Transrapid, Landesbank, die Situation an den Schulen, ein zunehmendes Gerechtigkeitsdefizit in Bayern. Da kommt einiges zusammen. Die Menschen wenden sich in großen Teilen von der CSU ab. Das Wahlergebnis ist offen, und darauf kommt es an. Die SPD ist eine traditionsreiche Partei, die man mit gutem Gewissen wählen kann. Wir sind als einzige in der Lage, den wirtschaftlichen Erfolg Bayerns mit sozialem Ausgleich zu verbinden. Das ist sogar ein Mehrwert für die Menschen.

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SZ: Wenn Oskar Lafontaine jetzt in Bayern einen engagierten Wahlkampf macht, dürften Ihnen im Herbst womöglich fünf Prozent an Wählerstimmen fehlen, die an die Linken gehen.

Maget: Ich glaube nicht, dass die Linke in den Landtag kommt. Jeder, der die Linke wählt, muss wissen, dass er damit im Endeffekt nur die CSU stärkt.

SZ: Sie sagten, Ihnen fehle derzeit der Rückenwind aus Berlin. Ihr Parteichef Kurt Beck wirkt auf die Bürger als Stimmungstöter. Müssten Sie nicht froh sein, wenn er im Sommer einen großen Bogen um Bayern macht? Wer soll denn hier die Festzelte füllen?

Maget: Wir stützen uns auf unser eigenes politisches Profil und auf unser kompetentes Personal. Aber wir werden Unterstützung bekommen von Sozialdemokraten der Bundesebene - auch von Beck. Alle sind herzlich eingeladen, in Bayern aufzutreten.

SZ: Und Sie fürchten nicht, dass das kontraproduktiv ist?

Maget: Nein, obwohl ich gerne zugebe, dass wir keinen Rückenwind aus Berlin verspüren. Das muss anders werden.

SZ: Sie müssen im Wahlkampf versuchen, das Land schlecht zu reden. Sie müssen sagen, wo die Defizite sind. Die CSU wird dagegen einen Wahlkampf des großen Geldes und der Emotionen führen und "Wir sind stolz auf Bayern" plakatieren.

Maget: Ich habe Bayern noch nie schlecht geredet. Ich liebe dieses Land, aber die CSU-Regierung hat in den letzten Jahren vieles versäumt. Zum Beispiel eine gute Bildungspolitik, eine zeitgemäße Frauen- und Familienpolitik, generell eine gerechte Politik. Wenn ich beschreibe, wo die Defizite liegen, dann ist das keine Abwertung Bayerns, sondern dann formuliere ich eine Perspektive für eine bessere Zukunft. Und so heißt auch unser Wahlslogan: Bayern ja, aber bitte gerechter! Wenn die CSU glaubt, mit einer Millionen teuren Wahlkampagne gewinnen zu können, dann sage ich, verlorenes Vertrauen lässt sich nicht durch Geld zurückkaufen.

SZ: Ihnen fehlt ein Symbolthema. Der Transrapid ist zu früh verstorben für den Wahlkampf. Warum tut sich die SPD in der Debatte über eine dritte Startbahn für den Münchner Flughafen so schwer?

Maget: Der Transrapid war von Anfang an auf dieser Trasse unrealistisch. Damit ist die CSU gescheitert, und ich bin froh, dass sie gescheitert ist. Bei der dritten Startbahn rate ich dazu, den Planfeststellungsbeschluss abzuwarten. Danach müssen die Gesellschafter eine Entscheidung treffen: Brauchen wir eine dritte Startbahn, ja oder nein? Es kann durchaus sein, dass man 2011/12 ganz andere Wachstumsannahmen hat. Politik muss gerade bei Großprojekten vertrauenswürdig sein. Ich glaube, das ist eine sehr vernünftige Position, die ich hier einnehme. Die wird den Anliegen der örtlichen Bevölkerung gerecht, aber auch den Bedürfnissen des Flughafens.

© SZ vom 14.06.2008/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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