Immobilienverkauf in Bayern:Kloster mit Kirche - preiswert abzugeben

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Nüchternes Ende eines der ältesten Kloster der Dominikanerinnen in Deutschland: Mit einer Internet-Anzeige wurden Käufer für Altenhohenau gesucht. Repro: SZ (Foto: N/A)

Im oberbayerischen Altenhohenau steht eines der ältesten Ordenshäuser der Dominikanerinnen in Deutschland für 3,9 Millionen Euro zum Verkauf. Für die Bürger ist das verstörend. Denn wie wird das Kloster künftig genutzt - als Tagungszentrum oder als Hotel? Und was passiert mit den Kunstschätzen?

Von Heiner Effern

Die Muttergottes im Strahlenkranz, die aus Silber gefertigten Patrone der Dominikanerinnen, Dominikus und Katharina von Siena, der gesamte großartige Hauptaltar von Ignaz Günther - das ist alles zu haben. Dazu der Rest der Kirche, die Landwirtschaft, die Schule, das gesamte Paket. Kloster Altenhohenau, nur ein paar Kilometer vom oberbayerischen Wasserburg entfernt, steht zum Verkauf. Die vier noch verbliebenen Schwestern geben auf, drei von ihnen gehen zurück ins Mutterhaus ihrer Kongregation nach Kaliforniern, eine durfte in ein Altenheim nach München.

Für 3,9 Millionen Euro wurde das Ensemble auf dem Immobilien-Portal Immo-Scout im Internet angeboten. Interessenten gibt es viele, diese Woche wollte das Mutterhaus entscheiden, mit wem verhandelt werden soll. Schon bald könnte eines der ältesten Klöster der Dominikanerinnen in Deutschland, gegründet 1235 von Graf Konrad von Wasserburg, einen neuen Eigentümer haben.

Ein Klosterverkauf und vor allem die Tatsache, dass auch die Kirche veräußert werden soll, verstören die Menschen. "Da geht was ab, ein Stück Kultur würde wegfallen", sagt Elisabeth Arnold, Vorsitzende des Pfarrgemeinderats im nahen Ort Grießstätt. "Das wäre schlecht." Die Einheimischen baten das Erzbistum München und Freising, wenigstens die Rokoko-Kirche zu kaufen. Doch das Ordinariat sieht sich dazu, auch aus finanziellen Gründen, nicht in der Lage. Selbst ein Brief mit 1794 Unterschriften konnte Erzbischof Reinhard Marx nicht erweichen.

Nun versuchen Arnold, Kirchenpfleger Alfons Albersinger und Pfarrer Klaus Vogl wenigstens die Kirche für die Gläubigen und die Kunstsinnigen zu retten. Ein Verein oder eine Stiftung könnte sie übernehmen, während der neue Eigentümer verpflichtet werden soll, die Baulast außen zu tragen. Eine Lösung, die nicht nur dem Erzbistum und den Gläubigen gefällt, sondern auch dem Orden und der von ihm beauftragten Vermögensberatung Pro Secur, spezialisiert auf Kloster-Immobilien.

Trend zum Kloster-Verkauf?

Oberin Schwester Margarita mag zum Verkauf nichts sagen, doch dass der Orden hinter einer solchen Lösung stehe, das schon. Nach Meinung von Pro Secur-Geschäftsführer Ralf Olbrück erleben die Grießstätter mit ihrem Kloster Altenhohenau ein Schicksal, das in Bayern künftig noch häufiger vorkommen wird. "Auch wenn ich das Wort nicht mag, das ist ein Trend."

Der fehlende Nachwuchs lässt die Orden kontinuierlich schrumpfen. Junge Schwestern, wenn es sie denn gibt, wollen die Oberen oft nicht zu einer Hand voll Seniorinnen stecken. So verwaisen die Klöster. "Ein schlimmer Vorgang, der sich so noch selbst beschleunigt", sagt Fachmann Olbrück. Besonders Bayern mit vielen kleinen, unabhängigen Ordensgemeinschaften sei betroffen.

Vom Kloster zum Hotel?

Wie reagiert die Gesellschaft auf das sich abzeichnende Klostersterben im Freistaat? Schließlich stifteten die Orden mit ihren Bauten, ihrer Frömmigkeit, ihrer Braukunst und ihrem Kunstsinn ganzen Landstrichen ihre Identität. Der Rosenheimer Landtagsabgeordnete Klaus Stöttner weiß so recht keine Antwort. Als Mitglied einer Partei, die sich christlich nennt, sagt er: "Wir werden uns damit befassen müssen. Eigentlich bräuchte man einen Bayernplan."

Zu klären seien ganz praktische Fragen: Wie kann man welches Kloster künftig angemessen nutzen? Als Tagungszentrum, als Hotel? Was passiert mit den Kunstschätzen? Es gibt gelungene Beispiele für neues Leben in Klostermauern, Stöttner verweist auf das frühere Benediktiner-Kloster in Seeon. Dort betreibt der Bezirk Oberbayern ein Kultur- und Bildungszentrum. Auch das Ordinariat beschäftige sich intensiv mit jeder Klosterauflösung, sagt ein Sprecher von Kardinal Marx. "Jede ist ein Verlust auch für die Gesellschaft." Allerdings sei es so, dass die Kirche nicht alle Ordensgebäude einfach übernehmen könne. Nicht einmal das Gotteshaus in Altenhohenau, trotz seiner Geschichte und der "hochrangigen Kulturgüter" im Inneren. "Mit dem Kauf ist es nicht getan, die Gebäude sind alt, der Unterhalt kostet hohe Summen", sagt der Sprecher.

Ein Spontanbesuch am Inn mit seinen Klöstern in Gars und in Au, der Barockkirche im nahen Rott, und im Kloster Attel, das so eindrucksvoll oben am Berg steht, wenn man hinabfährt von Grießstätt nach Altenhohenau. Fast direkt am Inn-Kanal duckt sich das Kloster der Dominikanerinnen bescheiden in die Landschaft. Rundum nur das verlassene Gasthaus, die Landwirtschaft, ein paar Wohnhäuser, viel Grün. Niemand ist zu sehen, nur Vogelgezwitscher ist zu hören. Auch auf das Läuten an der Pforte reagiert niemand. Schwester Pia sei beim Schuhe kaufen, sagt später der freundliche Hausmeister. Die Oberin des Klosters ist auch nicht da. Und Schwester Imelda? Hört wohl die Klingel nicht.

Ein phantastischer Ort zum Lernen

Dafür stehen an der Rückseite des Klosters auf einem Parkplatz viele Autos. Im früheren Internat des Ordens betreibt die Caritas eine Schule für Alten- und Heilerziehungspfleger. Bis 2017 läuft noch der Mietvertrag. Schulleiter Franz Winkler würde gerne bleiben, doch auch seine Zukunft hängt von den Vorstellungen des neuen Eigentümers ab. Ein phantastischer Lernort sei das Kloster hier, von dem eine "besondere Kraft" ausgehe, sagt der Pädagoge, der sich selbst nicht unbedingt zu den Esoterikern zählen würde. Aber ein Besuch der Kirche ein- oder zweimal im Jahr gebe selbst den jungen Leuten etwas, die sonst nichts mit Glauben zu tun hätten.

Durchs unscheinbare Portal gelangt man in die Vorhalle, die tiefe Decke dort drückt freilich den Besucher förmlich nieder. An einem Metallgitter geht es aber nicht weiter, doch öffnet sich hier der Raum und ermöglicht den phantastischen Blick auf den Altar von Ignaz Günther, das Mystiker-Kreuz aus dem 14. Jahrhundert, auf das Jesuskind, das der Sage nach durchgewetzte Socken hatte, weil es nachts im Kloster den Schlaf der Schwestern hütete. Bald wird niemand mehr da sein, um den sich das Kind kümmern kann.

© SZ vom 15.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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