Gmund:Staatsregierung reißt ihr eigenes Ziel

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Weiter so! Finanzminister Markus Söder bei der Klausur des Kabinetts am Tegernsee. (Foto: Wolfgang Wittl)

Wegen Asyl und innerer Sicherheit wachsen die Ausgaben des Doppelhaushalts 2017/18 stärker als geplant

Von Wolfgang Wittl, Gmund

Eine Woche, die ganz und gar unter dem Eindruck der Sicherheit steht, geht auch an einem Markus Söder nicht spurlos vorüber. Also macht Söder, von Beruf eigentlich Heimat- und Finanzminister, schnell klar, was es mit so einem Haushalt wirklich auf sich hat. Nicht nur ein bloßes Zahlenwerk oder eine dürre Bilanz sei dieser bayerische Doppelhaushalt für die Jahre 2017/2018, sondern natürlich mehr: In diesen "unsicheren Zeiten", hebt Söder an, sei ein Haushalt "ein wichtiger Kompass für Vorsorge und Stabilität", der Bayern "durch die unsicheren Gewässer der nächsten Jahre steuern" solle.

Das mag hoch gegriffen wirken, vielleicht wird das Wörtchen "unsicher" auch überstrapaziert. Im Grunde aber stimmt es schon: Der Haushalt ist zwar ein sperriges Konvolut an Zahlen, doch ohne ihn geht nichts in der Politik. In ihm ist auf jede Kommastelle festgehalten, welche Akzente eine Regierung setzt, wohin sie das Land steuern will. Die Botschaft des bayerischen Haushalts für die nächsten beiden Jahren lautet: Weiter so, wenn auch auf höherem, kostspieligeren Niveau.

Von derzeit 55,7 auf 57,9 Milliarden Euro (2017) und 59,3 Milliarden Euro im Jahr 2018 wird der Haushalt wachsen, das hat das bayerische Kabinett bei seiner Klausur am Tegernsee beschlossen. Ihr eigenes Ziel, das Ausgabenwachstum auf jährlich drei Prozent einzudämmen, reißt die Regierung damit - die Ausgaben wachsen durchschnittlich jeweils um 3,3 Prozent in den kommenden zwei Jahren. Den Grund dafür nennt Söder gewohnt deutlich: "Die ungebremste Zuwanderung ist eine enorme Hypothek." Doch Bayern werde die Herausforderungen meistern.

Ohne Schulden werde der Freistaat zum dann 13. Mal hintereinander auskommen, sagt Söder, eine Milliarde Euro soll in den kommenden beiden Jahren getilgt werden. Der Schuldenabbau seit 2012 liege dann bei 4,6 Milliarden Euro. Das Ziel, bis 2030 alle Schulden zurückbezahlt zu haben, wird die Staatsregierung in diesem Tempo indes verfehlen. Trotzdem versichern auch hohe Beamte, dass es sich mit Blick auf die derzeitigen Herausforderungen um eine seriöse, langfristige Planung handle. Dafür ist allerdings ein Griff in die Rücklagen nötig: Zwei Milliarden Euro nimmt Söder heraus, etwa ebenso viel bleibt dem Staat an Reserven erhalten. 12,4 Milliarden Euro zahlt der Freistaat 2017 und 2018 in den Länderfinanzausgleich ein, auch das ein Rekord.

Die Personalkosten - es gibt 3165 neue Stellen - steigen vor allem bei Polizei, Justiz und Bildung. Für eine mögliche Rückkehr vom G 8 zum G 9 hat Kultusminister Ludwig Spaenle offenbar keine zusätzlichen Lehrerstellen beantragt. Das Thema sei noch abschließend zu beraten, sagte Söder. 820 neue Lehrerstellen sind für 1000 Klassen wegen vieler Flüchtlingskinder vorgesehen. Mehr Geld will das Kabinett auch für Familien, Wohnungsbau, Ganztagsbetreuung, Digitalisierung, Straßen und die Revitalisierung von Ortskernen ausgeben. Schlechte Nachricht für Beamte: Am Stellenabbau bis 2022 soll nicht gerüttelt werden. Trotz hoher Asylausgaben sei der Haushalt "auch ein Angebot an die einheimische Bevölkerung", an ihr werde nicht gespart, versprach Söder. Bayern sei finanziell bestens gerüstet.

Die Opposition bezweifelt das: Der Sanierungsstau im Straßenverkehr sei aufzulösen, fordert Harald Güller (SPD). Claudia Stamm (Grüne) wirft der Regierung vor, sie reagiere nur, anstatt zu gestalten. Der Haushalt sei "ideenlos und nicht generationengerecht".

© SZ vom 30.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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