Glück-Nachfolge:Krönung einer Karriere

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Barbara Stamm wird Landtagspräsidentin. Sie ist damit die erste Frau in diesem protokollarisch höchsten Staatsamt.

Katja Auer

Es ist ein später Triumph für Barbara Stamm. Die 63-Jährige hat in ihrer Karriere schon viele politische Schlachten geschlagen und so manche auch verloren. Jetzt hat sie gewonnen, sie nennt es die "Krönung ihrer politischen Arbeit": Die CSU-Fraktion nominierte die Unterfränkin am Mittwoch für das Amt der Landtagspräsidentin.

Ein später Triumph für Barbara Stamm: Die CSU-Fraktion hat sie für das Amt der Landtags- präsidentin nominiert. (Foto: Foto: ddp)

74 Abgeordnete stimmten dafür, zehn dagegen, fünf enthielten sich. Am Montag soll der Landtag Stamm zur Nachfolgerin von Alois Glück wählen. Sie ist dann die erste Frau in diesem protokollarisch höchsten Staatsamt. "Das ist eine große Verantwortung, aber ich werde auch in diesem Amt schauen, dass ich mit beiden Beiden auf dem Boden bleibe", sagte sie.

Barbara Stamm hatte es nie leicht in ihrer CSU. Sie sei das soziale Gewissen, sagen die einen, eine Heulsuse, sagen andere. Seit 1976 sitzt die gelernte Erzieherin im Landtag. Die Karriere verlief zunächst steil, 1987 wurde sie Staatssekretärin im Sozialministerium, 1994 Ministerin.

2001 dann der tiefe Fall: Der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber warf seine Stellvertreterin aus dem Kabinett. Es war auf dem Höhepunkt der BSE-Krise, und heute vertreten die meisten in der CSU die Meinung, Stamm sei damals ein Bauernopfer gewesen.

Das Verhältnis zu Stoiber hat sich seither nie wieder normalisiert. "Da hätte ich mir erwartet, dass zumindest ein oder zwei Sätze gesagt werden", sagte Stamm einmal, Stoiber hätte sie "sichtbar wieder mit einer Aufgabe betrauen müssen". Er tat weder das eine noch das andere.

Stamm, tief verletzt, blieb dennoch in der Politik, wandte sich aber anderen Aufgaben zu. Sie übernahm den Landesvorsitz der Lebenshilfe und widmet seither einen Großteil ihrer Zeit dem sozialen Engagement. Noch mehr, seit sie 2003 zur Landtagsvizepräsidentin gewählt wurde.

Immer wieder fand sie klare Worte, als sich Stoibers Politikstil ihrer Meinung nach zu weit vom wirklichen Leben wegbewegte. Aus Protest gegen dessen Führungsstil wollte sie den stellvertretenden Parteivorsitz aufgeben, den sie seit 1993 innehat.

Sie blieb, nach langem Zögern, weil sie der neue CSU-Chef Erwin Huber 2007 bat, erneut anzutreten. Zuvor in Wildbad Kreuth, als Stoiber zum Aufgeben gedrängt wurde, war es Stamm, die trotz ihrer Konflikte mit Stoiber versucht hatte, in dem ganzen Durcheinander einen menschlichen Umgangston zu wahren. "Sie hat zu Edmund Stoiber eine menschliche Brücke geschlagen", sagte Alois Glück. Mancher in der CSU ist freilich genervt von Stamms gelegentlich mütterlicher Art, die ihr andererseits in der Bevölkerung große Anerkennung eingebracht hat.

Stamm selbst hat in der CSU auch manch menschliche Verletzung erfahren. Zuletzt als ihr Interesse am Amt des Landtagspräsidenten bekannt wurde und die Oberbayern versuchten, einen eigenen Kandidaten in Stellung zu bringen. Sogar ihre Brustkrebs-Erkrankung soll dabei instrumentalisiert worden sein.

Am Wahlabend dann, als die CSU auf 43,4 Prozent abstürzte, schien es so, als sei Stamms Karriere zu Ende: Als Listenkandidatin hatte sie den Einzug offenbar verpasst. Erst spät in der Nacht stand fest, dass sie es doch noch geschafft hatte - da war die Kämpferin wieder da. In ihrem Büro feierte sie mit einigen Getreuen. Fröhlicher konnte man sie nur beim fränkischen Fasching in Veitshöchheim erleben.

© SZ vom 16.10.2008/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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