Gerangel um Landtagsmandate der CSU:Ein Hoffnungsträger stiftet großes Chaos

Lesezeit: 2 min

Staatssekretär Fahrenschon gilt als Jungstar der CSU. Nun will er einen längst besetzten Kandidatenplatz - und ärgert die Parteifreunde.

Jutta Czeguhn

Wer in diesen Tagen CSU-Mitglieder im Landkreis München auf ihren Parteifreund Georg Fahrenschon anspricht, erhält die Antwort: "Bisher hätten wir sämtliche Hände für ihn ins Feuer gelegt, deswegen sind wir jetzt um so fassungsloser." Waltraud Ross, Kreis-Geschäftsführerin der Frauen-Union, ist wütend. Der Finanzstaatssekretär ohne Stimmkreis will unbedingt ein Direktmandat für den Landtag. Mit ihrer Vorgehensweise aber haben der 40-Jährige und der Kreisvorsitzende Ernst Weidenbusch der CSU in Bayerns größtem Landkreis eine schwere Krise beschert.

Hoffnungsträger der CSU: Georg Fahrenschon (Foto: Foto: ddp)

Denn der Platz ist besetzt, bereits im Juli 2007 nominierten die Delegierten ihre Kandidatin für den Stimmkreis München-Land Süd: die Unterhachingerin Kerstin Schreyer-Stäblein. Sie führt seit Monaten Wahlkampf und soll nun das Feld für Fahrenschon räumen.

Derzeit ist unklar, ob die CSU-Mitglieder, die am kommenden Montag in Oberhaching noch einmal nominieren sollen, Fahrenschon und Weidenbusch folgen werden. Delegierte sagen in ungewohnter Offenheit, dass sie sich überrumpelt und in einen Loyalitätskonflikt gedrängt fühlen. Fahrenschon gilt als Hoffnungsträger des Kreisverbands, er ist ein Mann mit schnurgerader Parteikarriere: Mit knapp 34 Jahren wurde er Bundestagsabgeordneter, im letzten Herbst ernannte ihn Günther Beckstein zum Finanzstaatssekretär.

Bayerns künftiger Finanzminister

Viele sehen in dem Volkswirt den künftigen Finanzminister. So einem versagt man nichts, vor allem will man ihn nicht an einen anderen Stimmkreis verlieren. Doch Fahrenschons Vorgehen stößt die Parteibasis ab.

Der Weg, über die Liste in den Landtag einzuziehen, ist ihm nicht sicher genug. Das hat er dem Kreisvorstand eröffnet, als er ihn einen Tag nach der für die CSU im Landkreis desaströs verlaufenen Stichwahl am 16. März mit seinem Antrag konfrontierte, die Nominierung zu wiederholen.

Zwei Stunden diskutierte der Vorstand über das Gesuch und gab ihm mit 19 zu sieben Stimmen zähneknirschend statt. Schreyer-Stäblein hatte er erst kurz vor der Sitzung informiert. Die Leidtragende reagierte zurückhaltend, kündigte an, am Montag nicht gegen Fahrenschon antreten zu wollen. Ihre Kandidatur zog sie jedoch nicht zurück.

Schreyer-Stäblein, Vorsitzende der Frauenunion im Kreis, war die Überraschungssiegerin bei der ersten Nominierung. Mit 61 zu 59 Stimmen hatte sie sich gegen den Pullacher Bürgermeister Stefan Detig durchgesetzt, der als sicherer Stimmkreis-Kandidat galt - den Erbhof des Abgeordneten Engelbert Kupka. Der Präsident der SpVgg Unterhaching selbst war es, der Detig mit einem ungeschickten Auftritt in den Rücken fiel. Nur mit einem Mann könne man gewinnen, sagte Kupka. Die Delegierten nominierten eine Frau - und Detig, Wunschkandidat von Weidenbusch, verabschiedete sich aus der Politik.

Spannende Sitzung erwartet

Teile der CSU-Basis zweifeln mittlerweile an den Führungsqualitäten des Vorsitzenden Weidenbusch. Die Höhenkirchner Bürgermeisterin Ursula Mayer legte dem Landtagsabgeordneten aus Haar den Rücktritt nahe, wegen "miserablen Managements". Weidenbusch, einer der sich gerne hemdsärmelig gibt, steht wenige Monate vor der Landtagswahl vor einem Scherbenhaufen seiner Personalpolitik.

Parteifreunde wie Detig und Schreyer-Stäblein sind schwer beschädigt. Ein Schicksal, das auch Fahrenschon ereilen könnte. Denn etliche Delegierte lassen anklingen, dass sie weiter zu Schreyer-Stäblein stehen und gegen das Vorgehen des Staatssekretärs und des Kreisvorsitzenden mobil machen wollen. Bei jedem Ergebnis unter 60 Prozent wird Bürgermeisterin Mayer kaum mehr allein sein mit ihrer Forderung nach personellen Konsequenzen.

Der Taufkirchner Delegierte Herbert Heigl sieht angesichts der Turbulenzen die Wählbarkeit der CSU in Gefahr. Zudem treibt ihn die Frage um: "Was, wenn wir am Ende mit überhaupt niemandem dastehen?" Sollte Fahrenschon am Montag keine 50 Prozent der Stimmen erreichen, bliebe Schreyer-Stäblein Kandidatin. Möglicherweise treten aber auch noch andere Bewerber an.

© SZ vom 28.3.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: