Gefahr auf bayerischen Seen:"Es wird noch gefährlicher"

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19 Menschen sind am Wochenende auf bayerischen Seen eingebrochen. Christian Schlosser von der Wasserwacht über Gefahren auf dem Eis und uneinsichtige Schlittschuhläufer.

Lisa Sonnabend

Am Wochenende sind 19 Menschen auf bayerischen Seen eingebrochen. Christian Schlosser, 30, ist seit sieben Jahren Leiter der Wasserwacht im Landkreis Starnberg. Ein Gespräch über die Gefahren auf dem Eis und uneinsichtige Schlittschuhläufer.

Warnt vor dem Eislaufen auf den bayerischen Seen: Christian Schlosser. (Foto: Foto: oh)

sueddeutsche.de: Wie erkennt ein Eisläufer, dass von einem zugefrorenen See Gefahr ausgeht?

Christian Schlosser: Das Trügerische ist, als Eisläufer kann man es nicht erkennen. Ein Winter birgt immer Gefahren, ist es so kalt wie derzeit, ist es besonders gefährlich. An vielen bayerischen Seen - wie insbesondere auch am Wörthsee - gibt es unterirdische Quellen, die man nicht sieht, da die Stellen in kalten Nächten ansatzweise zufrieren. Wenn dann untertags die Sonne scheint, entsteht Spiegeleis - und die Eisläufer sehen die Löcher nicht mehr, fahren drüber und brechen ein.

sueddeutsche.de: Ein Schlittschuhläufer sollte sich also bei Ihnen informieren, ehe er aufs Eis geht ...

Schlosser: Wir von der Wasserwacht führen regelmäßig Eisbohrungen durch. Wir können allerdings nur an gewissen Stellen testen, wie dick das Eis ist. Das stellt keinen hundertprozentigen Schutz dar. Eine generelle Sicherheit gibt es derzeit nirgends. Nach dem Wochenende, das wir hinter uns haben, empfehle ich, in den kommenden Tagen gar nicht erst aufs Eis zu gehen.

sueddeutsche.de: Wie oft mussten sie ausrücken am Wochenende?

Schlosser: Wir sind zu 15 eingebrochenen Personen am Wörthsee und Pilsensee alarmiert worden. Davon sind nur sieben tatsächlich eingebrochen und alle zum Glück unverletzt geblieben.

sueddeutsche.de: Wie gehen Sie bei der Rettung vor?

Schlosser: Wir haben spezielle Anzüge, sogenannte Überlebensanzüge. Die trug man ursprünglich auf Ölplattformen. Mit ihnen kann man es bis zu vier Stunden im eisigen Wasser aushalten, ohne zu erfrieren. Außerdem haben wir Eisrettungsschlitten dabei. Diese haben Luftkammerschienen, mit denen wir den Verunglückten rausziehen können. Der Retter ist dabei immer mit Leinen mit dem Land verbunden.

sueddeutsche.de: Wie sollte sich ein Eisläufer verhalten, wenn er eingebrochen ist?

Schlosser: Auf keinen Fall rumzappeln! Die Kleidung sollte er unbedingt anbehalten, da sie ein bisschen Wärme speichert. Wenn es funktioniert, sollte man versuchen, sich langsam aufs Eis raufzuziehen.

sueddeutsche.de: Waren Sie in diesem Winter schon Eislaufen?

Schlosser: In dieser Saison war ich noch nicht privat auf dem Eis, weil ich nicht dazu gekommen bin. In den kommenden Tagen werde ich sicherlich auch nicht Eislaufen gehen, weil die Temperaturen nach oben gehen. Dann wird es noch gefährlicher. Die Wasserwacht ist in erhöhter Alarmbereitschaft.

sueddeutsche.de: Befürchten Sie, dass noch mehr Menschen einbrechen?

Schlosser: Ich hoffe nicht, aber ausschließen kann man es bei den Verhältnissen nicht. Das Problem sind auch die Schlittschuhfahrer selbst. Am Wochenende haben wir versucht, den Wörthsee mit Polizeihubschraubern leer zu bekommen. Aber die Leute haben verwundert den Hubschrauber angeschaut und den Beamten sogar obszöne Gesten gezeigt. Sie haben nicht verstanden, warum wir das Eis sperren wollen, es sei doch so schön. 'Geht weg', haben sie gerufen. Sobald sich der Hubschrauber entfernt hatte, sind sie wieder aufs Eis. Das hat uns enttäuscht. Wir machen das ja alle ehrenamtlich in unserer Freizeit. Und als Retter begeben wir uns immer mit in Gefahr.

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