Frühestens nach dem Jahr 2020:Brennertunnel wird zur Geduldsprobe

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Allen politischen Schwüren zum Trotz: Der Brennerbasistunnel wird frühestens nach dem Jahr 2020 betriebsbereit sein. Eine Verlagerung des Schwerlastverkehrs von der Straße auf die Schiene rückt damit im bayerischen Inntal in weite Ferne.

Heiner Effern

,,Wir rechnen derzeit mit einer Eröffnung im Zeitraum zwischen 2020 und 2022'', sagt Konrad Bergmeister, Vorstand der Tunnel-Gesellschaft, die für die Planung und den Bau verantwortlich ist. Die Deutsche Bahn sieht deshalb keinen vordringlichen Bedarf für den Ausbau der Bahnstrecke von Rosenheim bis Kufstein.

Noch wird am Finanzierungskonzept für den Brennertunnel gefeilt. (Foto: Foto: ddp)

,,Es gibt bisher noch nicht einmal einen Staatsvertrag zwischen Österreich und Italien für den Bau des Tunnels'', begründet Bahn-Vorstandsmitglied Otto Wiesheu die Zurückhaltung des Unternehmens. Die Vereinbarung zwischen Österreich und Italien wird erst unterschrieben, wenn die Baubescheide in beiden Ländern vorliegen. ,,Damit rechnen wir in der ersten Hälfte des Jahres 2009'', sagt Vorstand Bergmeister.

Derzeit werde noch am Finanzierungskonzept für den Tunnel gefeilt, dessen Kosten auf sechs Milliarden Euro taxiert werden. Für den Zulauf aus Deutschland steht nicht nur die Inntalstrecke auf der Wunschliste der Tunnel-Gesellschaft: ,,Neben dem Ausbau des Knotenpunkts Rosenheim hoffen wir für die Umfahrung von München auf eine vernünftige Verbindung über Mühldorf nach Ingolstadt'', sagt Bergmeister.

Die Deutsche Bahn sieht sich trotzdem nicht unter Zeitdruck. ,,Es bleibt nach einer Einigung der beiden Länder auf deutscher Seite immer noch genügend Zeit, die Zulaufstrecken auszubauen'', sagt Wiesheu. Das müsse dann aber auch bis zum nun anvisierten Termin 2020 passieren, mahnten Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber und Verkehrsminister Erwin Huber unlängst bei einem Besuch der Tiroler Volkspartei in Innsbruck.

,,Der Brennerbasistunnel ist für Bayern von entscheidender Bedeutung'', sagte Stoiber. Eine finanzielle Beteiligung Bayerns oder Deutschlands werde es aber nicht geben.

Verkehrsminister Huber verwies darauf, dass langfristig die Kosten für den Ausbau der Bahnstrecken allein zwischen München und der österreichischen Landesgrenze Richtung Salzburg und Kufstein auf 1,5 Milliarden Euro geschätzt werden. Zudem habe die Bahn die Strecke von Rosenheim ins Inntal in den vergangenen Jahren modernisiert. ,,Wir wissen aber, dass das nicht den Anforderungen entspricht, wenn der Brennerbasistunnel fertig ist. Dazu brauchen wir echte Ausbaumaßnahmen und einen verbesserten Lärmschutz.''

SPD fordert Taten

Der bayerischen SPD sind solche wohlfeilen Erklärungen nicht genug. Ihre wirtschaftspolitische Sprecherin im Landtag, Hildegard Kronawitter, will deshalb von der Staatsregierung wissen, welche Planungen auf Landesebene für die Zulaufstrecken vorbereitet wurden und ob man für eventuell notwendige Studien Mittel von der EU bekommen könnte.

Außerdem verlangt Kronawitter von der Staatsregierung ein Konzept zum Schutz der von Abgasen und Lärm geplagten Inntalbewohner. Abwarten sei die falsche Haltung. ,,Das ist jetzt besonders dringlich.'' Konkrete Zusagen für eine Entlastung der Inntalbewohner machten bisher weder Stoiber noch Huber. Dabei hätten sie in Tirol Erkenntnisse sammeln können, was alles möglich ist, auch wenn man dabei gelegentlich in Konflikt mit der EU gerät. So galt heuer für mehrere Monate auf der Tiroler Inntalautobahn aus Gründen der Luftverbesserung ein Tempolimit von 100 Kilometern pro Stunde. Für Lkw herrscht im österreichischen Inntal gar ein Nachtfahrverbot.

,,Sollen wir etwa gegen geltendes EU-Recht verstoßen? Eine Verkehrsbeschränkung löst das Problem nicht'', sagte dazu Ministerpräsident Edmund Stoiber. Die Klagen kämen in der Hauptsache nicht wegen der Autobahn, sondern wegen des Bahnlärms. Die Bürgermeister der Dörfer, die von der Bahnlinie teilweise durchschnitten werden, fordern deshalb einen umfassenden Lärmschutz zwischen der Grenze und Rosenheim.

Einige träumen gar von einer Trasse wie in Tirol, wo die Gleise in Tunnels versteckt wurden. Der regionale Umweltverband Inntalgemeinschaft hält dies angesichts der chronischen Unterfinanzierung der Bahn aber für eine Illusion. ,,Wir werden die Billigstlösung bekommen'', fürchtet Sprecher Georg Dudek. Er hält eine Entlastung nur durch eine Verlagerung des Verkehrs beispielsweise hin zum Gotthardtunnel für möglich.

© SZ vom 21.5.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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