Europäische Wochen in Passau:Reine Frauensache

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George Sand hätte ihre helle Freude daran gehabt: Bei den Europäischen Wochen in Passau dreht sich alles um das Weibliche in der Kultur.

Max Hägler

Man könnte glauben, der bayerischen Regierung seien Frauen nicht wirklich wichtig. Schickte sie doch zur Eröffnung der Europäischen Wochen Passau, eine der spannendsten Kulturreihen des Landes, diesmal nicht wie in früheren Jahren mindestens einen Minister, sondern nur einen Staatssekretär. Und das bei einem Thema, das in Passau weit mehr ist als eine konstruierte Klammer, die die 73 Veranstaltungen der kommenden sechs Wochen zusammenhalten soll.

In diesen Wochen geht es in Passau um die Frauen. Am 21. Juni gibt es eine Hommage an die Schauspielerin Jeanne Moreau. (Foto: online.sdebayern)

Aber wahrscheinlich sind es nur "Terminschwierigkeiten", die die Erst-Liga-Prominenz vom alljährlichen Eröffnungsmarathon abhält. Denn die Relevanz des Ereignisses ist der Regierung durchaus bewusst. Da philosophierte Kulturstaatssekretär Marcel Huber (CSU) tatsächlich über George Sand, diese emanzipierte Denkerin und Liebhaberin ungefähr aller großen Intellektuellen im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Um dann festzustellen: "Hätte George Sand diese Europäischen Wochen miterleben können, sie hätte mit Sicherheit ihre helle Freude daran gehabt."

Das stimmt, denn das grenzüberschreitende Festival (Ostbayern, Böhmen, Österreich) bespielt die gesamte Klaviatur, die solch ein Thema bietet: In den kommenden sechs Wochen wird zum Beispiel über "Astrid Lindgren und die Frauenbewegung" gesprochen (5. Juli). Die Ausstellung "Mütter, Weiber, Schicksalshexen" beleuchtet das Verhältnis des Künstlers Ernst Barlach zu den Frauen. Und natürlich werden große Musikerinnen zu hören sein, so die Sopranistin Nuria Rial oder Ewa Kupiec am Flügel.

Doch die Rolle der Frau in der Kultur, vor allem in der Musik, erschöpft sich eben nicht nur in der Interpretation der Werke meist männlicher Komponisten. Beim Staatsempfang, einer Schifffahrt auf Donau, Inn und Ilz, diskutieren Geistliche, Rechtsanwälte, Politiker und Künstler über die Rolle der Frau in Kunst und Gesellschaft. "Besonders in der Musik müssen sich Frauen stets besonders beweisen", wirft etwa die erst 20-jährige Lettin Kristine Balanas ein, die zuvor im alten Rathaussaal ein virtuoses Geigenkonzert gespielt hatte.

"Immer öfter geht es um den Verkauf, um das Aussehen der Künstler und nicht um den Inhalt", klagt Balanas, selbst durchaus langbeinig und im kleinen Schwarzen. "It's a showbusiness." Und in Lehre und Komposition? Sechs ihrer sieben Lehrer an der Londoner Royal Academy of Music seien Männer. Und die vielen Komponistinnen, vor allem der früheren Jahre, würden oft kaum beachtet. Bei den Europäischen Wochen 2010 ist das anders. Das Eröffnungskonzert dirigiert Konstantia Gourzi als erste Frau in der gut 50-jährigen Geschichte.

In den kommenden Wochen werden fast ausschließlich Werke von Frauen aufgeführt, Clara Schumann und Fanny Hensel etwa.

Stellt sich die Frage, wieso Intendant Pankraz Freiherr von Freyberg dieses Thema nicht schon viel früher behandelt hat. Er sei halt kein Feminist, sagt er schulterzuckend. Einen direkten Anlass für "Frauengestalten" habe es zunächst auch nicht gegeben. Aber die Notwendigkeit des Themas habe er dann unter anderem bei der Gestaltung des Programmheftes erkannt. Aphorismen wollte er einbauen, meist von Männern, aber da sei "so viel Erniedrigendes" dabei gewesen. "Dann habe ich Zitate von Frauen gesucht und festgestellt, dass sie so viel klügere Sachen gesagt haben."

Infos unter www.ew-passau.de

© SZ vom 14.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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