Ehemaliger Landrat von Regen:Großrazzia im Fall Wölfl

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Der Verdacht wiegt schwer: Der gestorbene Landrat Wölfl soll im Amt korrupt gewesen sein. Jetzt haben 130 Polizisten Objekte in Bayern und Nordrhein-Westfalen durchsucht.

Max Hägler

Es ist ein unerwarteter Paukenschlag im Fall Wölfl. Und er erhärtet den Verdacht, dass der CSU-Politiker Heinz Wölfl korrupt war. Um Punkt 9.30 Uhr durchsuchten am Mittwoch Polizisten und Staatsanwälte zeitgleich 34 Anwesen in Bayern und Nordrhein-Westfalen, darunter auch das Landratsamt Regen. Viele Jahre hat Heinz Wölfl das Amt als Landrat geleitet - bis zu seinem Selbstmord im August vergangenen Jahres.

Landrat Heinz Wölfl (CSU) nahm sich im August das Leben. (Foto: dpa)

Wölfl war mit dem Auto gegen einen Baum gerast. Bald danach, auf der Beerdigung, war die Rede davon, dass er spielsüchtig war und ihn die Schulden in den Tod getrieben hätten. Dann, Ende August, wurde Medien und der Staatsanwaltschaft ein anonymer Brief zugespielt, in dem sehr ausführlich beschrieben ist, dass Wölfl angeblich bestechlich war. Er habe als Folge seiner Finanznot Amtsentscheidungen gegen Bestechungsgeld verkauft, so der Vorwurf.

Dieses Schreiben war Ausgangspunkt für uns", sagt Kunigunde Schwaiberger, leitende Oberstaatsanwältin der zuständigen Ermittlungsbehörde in Deggendorf. Mehrere Monate liefen dann "Ermittlungen gegen unbekannt". Mittlerweile gibt es einen Anfangsverdacht gegen 18 Personen, zumeist wohl Gewerbetreibende oder Selbständige aus dem Raum Regen oder Freyung-Grafenau. 130 Polizisten - darunter Beamte der ermittelnden Kriminalpolizeiinspektion Landshut sowie Unterstützungskräfte der Bayerischen Bereitschaftspolizei - durchsuchten am Mittwoch deren Wohn- und Geschäftsräume. Ob Kommunalpolitiker unter den Beschuldigten sind, wollte die Staatsanwaltschaft nicht sagen.

Es besteht der Verdacht dass diese Personen dem Landrat Wölfl in Einzelfällen für seine Dienstausübung Vorteile gewährt haben", sagte Oberstaatsanwältin Schwaiberger. Das bedeute im Gegenzug auch, dass Wölfl verdächtigt werde, bestechlich gewesen zu sein. Allerdings sei Letzteres juristisch nicht mehr relevant, da gegen Tote nicht ermittelt werde. Politisch ist das indes durchaus von Bedeutung. Zum einen stellt sich die Frage, ob CSU-Parteifreunde involviert waren. Zum anderen ist die CSU bei den Neuwahlen nach Wölfls Tod im Landkreis deutlich abgestraft worden - die Frage ist, ob die Stimmung dauerhaft anhält.

Der junge SPD-Politiker Michael Adam konnte sich in Regen im Herbst als Landrat durchsetzen. Während des Wahlkampfes hatte er aus den Gerüchten kein Kapital geschlagen, jedoch unmittelbar nach Amtsantritt betont, die Ermittlungen nach Kräften unterstützen zu wollen. Der Fall und die unklaren Verstrickungen belasten den ganzen Landkreis. "Die Tragik Wölfls hat eine Rolle gespielt, wie sonst wäre das Ergebnis erklärbar", sagte CSU-Kreischef Helmut Brunner damals.

Auch am Landratsamt Regen erschienen am Mittwochvormittag etwa zehn Beamte und nahmen nach Auskunft des Amtssprechers Anton Weghofer "verschiedene Akten und Verwaltungsvorgänge" mit. Die Institution sei jedoch nicht selbst beschuldigt, stellte Oberstaatsanwältin Schwaiberger klar. Auch seien keine Beamte des Landratsamtes unter den 18 Beschuldigten.

Die Ermittler stellten nach eigenen Angaben bei den Durchsuchungen umfangreiches Beweismaterial sicher. Die Auswertung werde "längere Zeit" in Anspruch nehmen. Auf die Frage, ob eine Durchsuchung nach dieser langen Zeit noch sinnvoll sei, sagte Schwaiberger, dass sie sich durchaus noch weitere Erkenntnisse erhoffe: "Wenn jemand etwas vernichten will, dann hat er es schon zu einem ganz frühen Zeitpunkt gemacht." Unter diesem Gesichtspunkt wäre schon eine Durchsuchung im September nicht mehr zielführend gewesen.

Bekannt ist, dass es mindestens 35 Gläubiger gab, diese Zahl berichtete ein Freund der Familie, der zwischenzeitlich als informeller Insolvenzverwalter gedient hatte. 10.000 oder 20.000 Euro hatte sich Wölfl jeweils geliehen, immer mit Darlehensvertrag, immer unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Als er die Kredite nicht tilgen konnte, habe Wölfl immer mehr Geldgeber angesprochen - und sich schließlich verzweifelt das Leben genommen.

© SZ vom 02.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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