Drama um Thomas Fuchsberger:Eine traurige Geschichte

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Die Distanz ist im Fall des ertrunkenen Thomas Fuchsberger längst verloren gegangen: Der Vater trauert öffentlich und die Lebensgefährtin teilt ihre Tränen mit Millionen Lesern. Wie halten die Hinterbliebenen das nur aus?

Christian Mayer

Wenn Kinder vor den Eltern sterben, ist das wohl das Schlimmste, was passieren kann. Menschen, denen ein solcher Schicksalschlag widerfahren ist, erzählen davon, wie einem buchstäblich der Boden unter den Füßen fortgerissen wird, wie sich ein grauer Schleier über alles legt und das eigene Leben seine Bedeutung verliert. Die Trauer um das eigene Kind kann auch eine starke Persönlichkeit verändern, und als Außenstehender fragt man sich erschrocken, auf welche Weise man sein Mitgefühl zeigt - oder ob man die Eltern nicht erst einmal mit seiner Anteilnahme verschonen sollte.

Öffentliche Trauer um den Sohn: Joachim Fuchsberger besucht den Ort in Kulmbach, an dem der Sohn auf bisher ungeklärte Weise in einem Bach ertrank.  (Foto: dpa)

Im Fall von Thomas Fuchsberger bleibt niemand von der Tragödie verschont, der an einem Münchner Zeitungsständer vorbeigeht.

Seit der Sohn des Schauspielers und Moderators Joachim Fuchsberger am Donnerstagabend vergangener Woche ums Leben gekommen ist, gibt es in den Medien kein Halten mehr. Mit erbarmungsloser Hartnäckigkeit wird der 83-Jährige von Reportern und Kamerateams verfolgt; es ist eine Inszenierung, die der Medienprofi Fuchsberger irgendwie über sich ergehen lässt, vielleicht auch, weil ihm die Kraft fehlt, sie zu unterbinden.

Merkwürdiger Höhepunkt dieser schwarz eingerahmten, aber um so greller ausgeleuchteten Trauertirade am Boulevard war der Besuch der Eltern am Unglücksort in Kulmbach, wo der zuckerkranke Sohn auf bisher ungeklärte Weise in einem Bach ertrank. Ja, es sind ergreifende Bilder, wenn ein Prominenter den liebsten Menschen verliert, und ja, das Publikum schaut gebannt auf das Drama, das mit Floskeln der Feinfühligkeit umhüllt wird. Aber muss man so dicht dabei sein, wenn der gramgebeugte Vater Abschied nimmt und der Leichenwagen vorfährt?

Es ist alles eine Frage der Distanz, die im Fall Fuchsberger, der schon vor dem Unglück von Krankheit gezeichnet war, komplett verloren gegangen ist. Aus Sicht der Schlagzeilenproduzenten ist die Geschichte vor allem deshalb interessant, weil man hier ein klassisches Vater-Sohn-Drama erzählen kann: Die Geschichte eines Wunschkindes, das 53 Jahre im Schatten des Vaters stand, und sich nie ganz freimachen konnte von der Wirkung des Familiennamens.

Thomas Fuchsberger versuchte sich in vielen Berufen, er arbeitete nach seinem Abitur in München als Musiker, Komponist, Fotograf, Buchautor und Moderator, aber seine eigentliche Rolle war die des hingebungsvollen Sohnes. Wer in München auf gesellschaftlichen Veranstaltungen unterwegs war, erlebte einen fröhlichen, höflichen Thomas Fuchsberger, der mit einer hübschen Schauspielerin liiert war, die ebenfalls stark auf den roten Teppich drängte. Es war geradezu eine Öffentlichkeitssucht.

Zwischen Bewunderung und Personenkult

Fuchsberger Junior bewunderte seinen Vater, auch wenn er unter dieser Bindung manchmal litt. In den vergangenen Jahren war der Sohn immer dabei, wenn sein Vater wieder einmal für seine Lebensleistung geehrt wurde - keine Goldene Kamera, kein Bayerischer Filmpreis, keine DVD-Nacht und keine Hochglanz-Gala ohne Blacky Fuchsberger, der sich gerne über den wachsenden Personenkult und die Oberflächlichkeit der Medien lustig machte, die Ehrungen aber sichtlich genoss. Eine Art Vaterfigur ist er über die Jahre auch für jüngere Kollegen geworden, für die Komiker Oliver Kalkofe und Bastian Pastewka etwa, die Fuchsberger vor ein paar Jahren noch einmal für das Kino rekrutierten: Er spielte eine Parodie auf sich selbst.

Wer wie Fuchsberger ein halbes Jahrhundert lang Film- und Fernsehgeschichte geschrieben hat, lebt mit und in den Medien; es gibt da eine gewachsene Komplizenschaft. In gewisser Weise mag die öffentliche Anteilnahme, die sich nun in riesigen Lettern manifestiert, sogar tröstlich für einen sein, der es gewohnt ist, auf der Straße erkannt zu werden. Andererseits würde man gerne mal dazwischenfunken: Jetzt reicht's aber mal. Habt doch Erbarmen mit dem alten Mann.

Weil es aber offenbar nie reicht, werden weitere Reporter nach Grünwald geschickt, damit der siebte und achte Teil des "Todesbach-Dramas" tränenreich erzählt werden kann. Cornelia Corba, die Lebensgefährtin des Verstorbenen, hält in einer Zeitung bereits Zwiesprache mit ihrem Thommy, ihre Gefühle teilt sie mit Millionen Lesern. Auf der Trauerfeier am kommenden Mittwoch in Grünwald will sie ein Lied singen, das Fuchsberger komponiert hat.

Man fragt sich wirklich, wie die Hinterbliebenen das alles aushalten.

© SZ vom 21.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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