Dienstleistung aus dem Internet:Der Handwerker aus dem Netz

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Tausende bayerische Betriebe bewerben sich in Internet-Börsen um Aufträge - und bieten wie bei Ebay. Doch der Verbraucherschutz warnt vor Preisdumping und schlechtem Service.

Florian Fuchs

München - Corinna Büchner hat sich viel Geld gespart. Die Regensburgerin wollte in ihrem 25 Quadratmeter großen Schlafzimmer Laminat verlegen. Bei einem örtlichen Fachbetrieb hätte sie dafür 200 Euro gezahlt. Ihr Vater gab der 24-Jährigen deshalb den Tipp, sich im Internet nach billigen Handwerkern umzusehen.

Dachdecker bei der Arbeit: Die im Internet angebotenen Dienstleistungen entsprechen nicht immer den höchsten Ansprüchen, warnt die Handelskammer Oberbayern. (Foto: Foto: dpa)

Bei Myhammer, einem Auktionsportal für Handwerksdienste, wurde sie fündig. Nachdem Corinna Büchner auf der Webseite die anfallende Arbeit beschrieben hatte, bewarben sich 18 Handwerker um den Job. Die Hotelfachfrau gab dem günstigsten Bieter den Zuschlag: für 74 Euro. Die Handwerkskammer für Oberbayern und die Verbraucherzentrale Bayern sehen solche Internet-Portale äußerst kritisch. Sie befürchten Lohndumping und schlechten Service.

Blauarbeit, Jobdoo, Undertool und eben Myhammer heißen die Webseiten, bei denen Kunden Aufträge inserieren, um die sich Handwerker bewerben können. Es ist das gleiche Prinzip wie bei Ebay - bloß dass sich die Bewerber unterbieten, um den Zuschlag zu erhalten. Am Ende einer Auktion entscheidet sich der Auftraggeber jedoch nicht immer für den billigsten Bieter.

Manche wählten nach den Referenzen der Handwerker aus, die auf den Webseiten angegeben sind, sagt Katja Klopsch, Sprecherin des Anbieters Myhammer. Andere orientierten sich daran, wie frühere User die Arbeiten der Handwerker bewertet haben. Die Nutzerdaten des größten deutschen Portals zeigen, wie Handwerker-Webseiten in Bayern boomen: Myhammer zählt bayernweit mehr als 70.000 registrierte Mitglieder. 52.000 von ihnen sind Kunden, sie anderen 18.000 sind Handwerker, die ihre Dienste feilbieten. Täglich werden mehr als 300 neue Dienstleistungen auf der Webseite ausgeschrieben - von Malerarbeiten bis zur Entrümpelung.

"Die Kunden achten zum Glück auf die Qualität"

Claus Swierczek aus Prittriching im Landkreis Landsberg am Lech ist bei mehreren Portalen registriert. Der Inhaber eines Elektro-Fachbetriebs bekommt täglich bis zu 50 Mails mit Auftragsangeboten. "Ich habe mich vor kurzem selbständig gemacht und übers Internet meine ersten Kunden gewonnen", sagt Swierczek. Zwei Drittel seiner Aufträge wickelt er über Myhammer ab, egal ob er Klingelanlagen installiert oder Waschmaschinen repariert. Finanziell komme er gut über die Runden, sagt Swierczek. "Ich wundere mich manchmal, wie sich andere für zehn Euro die Stunde anbieten", sagt Swierczek. Er sieht aber keine Gefahr darin, dass ihn Billig-Konkurrenz unterbietet. "Die Kunden achten zum Glück wirklich auf die Qualität der Handwerker und nicht nur auf den Preis." Vor ein paar Tagen hat Swierczek für 283 Euro eine Satellitenanlage angebracht, obwohl andere Handwerker den Job für 180 Euro angeboten hatten.

Die Verbraucherzentrale Bayern empfiehlt, bei der Auftragsvergabe neben dem Preis auch die Referenzen der Handwerker zu beachten. Sprecherin Petra von Rhein rät außerdem, sich vor der Auftragserteilung in jedem Fall mit den Handwerkern persönlich in Verbindung zu setzen. "Nur so kann man schlechten Service vermeiden." Jens Christopher Ulrich bleibt trotz aller Vorsichtsmaßnahmen skeptisch. Der Sprecher der Handwerkskammer für Oberbayern glaubt, dass die Auktionen eben doch "hauptsächlich über die Preisschiene funktionieren" und deshalb Lohndumping förderten. In Zeiten schlechter Auftragslage seien die Portale aber gute Alternativen für Handwerker. Ulrich warnt jedoch, dass sich unter den Handwerkern "nicht nur Profis tummeln".

Gerade nach dem Wegfall der Meisterpflicht in vielen Berufen gebe es immer mehr Beschwerden, bestätigt Andreas Wagnitz, Jurist in der Rechtsabteilung der Handwerkskammer. Oft steckten nicht eingetragene Betriebe hinter den ganz billigen Angeboten. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks mahne die Schwarzarbeiter dann ab und erwirke einstweilige Verfügungen. Myhammer hilft dem Verband dabei. "Wir stehen in ständigem Dialog zum Thema Qualitätssicherung, auch mit anderen Handwerksverbänden", sagt Katja Klopsch.

Corinna Büchner hat sich über solche Probleme keine Gedanken gemacht - obwohl auch bei ihr keine Profis am Werk waren. Das Laminat verlegte ein Maurer mit seinem Sohn. "Das war legal und ich wusste es, bevor ich den Auftrag erteilt habe. Bei Schwierigkeiten hätte ich mich schon mit denen angelegt." Probleme gab es keine, der neue Belag sei perfekt eingepasst. Bald will die Regensburgerin wieder bei Myhammer inserieren: Das Parkett im Wohnzimmer braucht eine neue Versiegelung.

© SZ vom 26.03.2008/gba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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