Von Entenküken ist der Forschung bekannt, dass sie abstrakte Schlüsse ziehen können. Gleiches lässt sich von einem Jungstorch behaupten, der am Montag im mittelfränkischen Herzogenaurach grazil eine Apotheke betrat. "Die Tür stand bei uns zum Lüften offen, während meine Mitarbeiterin und ich hinten gearbeitet haben", erzählt Gabriele Sehring-Castelli, die Chefin der Apotheke. Plötzlich drangen Geräusche aus dem Verkaufsraum, die Frauen schauten nach: "Da stand der Storch wie ein Kunde vor dem Tresen und hat sich umgesehen." Wie auf Fotos dokumentiert ist, studierte er neugierig abgepackte Hustenbonbons. Die ließen ihn aber letztlich kalt. War er also gekommen, weil die Beyschlagsche Apotheke im Internet auf das Thema "Familienplanung" eingeht? Dem Volksmund zufolge sollen Störche ja die Babys frei Haus bei den Eltern abliefern - das ist aber Quatsch! Der gefiederte Gast hatte andere Absichten: Beobachtungen zufolge war er im Umfeld der Apotheke lange auf- und abgeschritten, bevor er endlich eintrat. Dann, als die zwei Frauen vor ihm standen, habe er fast peinlich berührt um sich geschaut "und sich dann entschlossen, wieder zu gehen", wie Gabriele Sehring-Castelli sagt.
Bevor nun aber jemand spekuliert, der Storch habe nach gewissen Mitteln zur Stärkung der Manneskraft oder gar nach der Anti-Baby-Pille geschielt, hier Sehring-Castellis Erklärung: "In unserem Laden war es einfach schön schattig." Nach einem Anruf bei einem Storchexperten wussten die Apothekerinnen, was zu tun war: Das Tier war dehydriert und entkräftet. Folglich trieben die Frauen den Storch in den sicheren Hinterhof und flößten ihm aus einer Gießkanne Wasser ein. Inzwischen ist er - da noch flugunfähig - in einer Auffangstation des Tiergartens Nürnberg untergebracht. Zum Schluss nur diese Randbemerkung: Raben, die als sehr intelligent eingestuft werden, hätten vor einem Apothekenbesuch wohl erst beim Arzt vorbeigeschaut.