Die CSU im Koalitionsstreit:Seehofers kurze Treue

Lesezeit: 1 min

Horst Seehofer hat der SPD den Ausstieg aus der großen Koalition nahegelegt. Das ist paradox - denn in Wahrheit ist es die CSU, die innerlich längst das Regierungsbündnis aufgekündigt hat.

Kassian Stroh

Dem täglichen Koalitionskrawall-Report ist zu entnehmen: In München, bei der CSU, ist es mal wieder besonders laut. Nur die Schallrichtung hat sich gedreht. Jetzt geht es gegen die SPD, die der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer der Pöbelei und Doppelzüngigkeit bezichtigt.

Chef einer zutiefst verunsicherten Partei: Horst Seehofer. (Foto: Foto: AP)

Dass die Christsozialen bis vor einigen Tagen noch gegen die CDU vom Leder zogen und dabei auch Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht schonten, davon will Seehofer nichts mehr wissen. Er ruft vielmehr die große Gemeinsamkeit der Unionsschwestern aus. Doch das hat Seehofer schon ein paar Mal getan - und seine Treueschwüre galten nur für kurze Zeit.

Nach wie vor ist die CSU infolge ihrer Wahlpleiten zutiefst verunsichert. Damit das nicht aufbricht, sucht Seehofer sein Heil in Attacken gegen die ungeliebte Koalition in Berlin. Dabei schwenkt er sein Zielfernrohr nach Belieben um - manchmal so schnell, dass nicht einmal die eigenen Leute wissen, wen sie denn nun angreifen sollen und wen nicht.

Vorerst hat sich Seehofer zu Herzen genommen, dass auch in der CSU Angriffe auf die Kanzlerin nur in Maßen goutiert werden. Und dass er mit dem Beharren auf einer sofortigen Mehrwertsteuersenkung, mit dem Streit über Merkels Papstkritik oder ihr Verhältnis zu den Vertriebenen den Bogen zu überspannen drohte.

Zumindest bis kommende Woche gilt das nun in der CSU, vermutlich. Dann aber wird sie sich offiziell von der Gesundheitsreform verabschieden, Merkels wichtigstem und größten Reformprojekt. Dass Seehofer der SPD den Ausstieg aus dem Regierungsbündnis nahelegt, ist paradox. Denn in Wahrheit ist es die CSU, die innerlich längst die große Koalition aufgekündigt hat.

© SZ vom 23.03.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: