Die CSU im Bund:Beliebte Leichtgewichte

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Einst galt die CSU als bedeutsame Kraft auf der bundespolitischen Bühne - Stoibers Nachfolger Huber und Beckstein sind dabei, diesen Einfluss kräftig zu mindern.

Stefan Braun

Er konnte es sich nicht vorstellen. Er wollte es nicht wahrhaben. Er kann es auch Tage später kaum glauben. Als Erwin Huber nach dem letzten Koalitionsausschuss beschloss, nicht mehr vor die Kameras zu treten, erschien ihm das als selbstverständlich.

CSU
:Pleiten und Pannen in der CSU

Immerhin gab es gegen Mitternacht nichts mehr zu vermelden. Und im Übrigen hatten auch SPD- und CDU-Politiker signalisiert, sie würden keine großen Erklärungen mehr abgeben. Der CSU-Chef nahm das für bare Münze - und irrte gewaltig.

Keine 24 Stunden später musste er erkennen, wie aus seiner Zurückhaltung eine verheerendere Botschaft wurde. Huber, so hieß es in der Hauptstadt, habe mangels Mumm auf einen Auftritt verzichtet. Schlimmer geht's nimmer: ein Bayer als Drückeberger. Das stimmt zwar nicht, aber es setzt sich fest.

Die Episode erzählt viel über den ungelenken Gang der neuen CSU-Führung auf der großen Berliner Bühne. Hier wird längst jede noch so kleine Schwäche genüsslich registriert und vermeldet. Das ist oft übertrieben, aber wirkungsvoll. Der Mechanismus ist auch SPD-Chef Kurt Beck bestens vertraut. Doch jetzt reiben sie sich bei der SPD schon die Hände, weil Huber dabei sei, Beck im Koalitionsausschuss als größten anzunehmenden Problemfall abzulösen.

Neben diesen atmosphärisch-psychologischen Fragen bleiben andere Schwächen ungelöst. Auch nach einem dreiviertel Jahr Machtwechsel wird die CSU in Berlin nicht als geballte Kraft wahrgenommen. Edmund Stoiber hatte in der CDU-Spitze als unberechenbarer Machtpolitiker mit schnell wechselnden Kurven gegolten. Aber man nahm ihn ernst, weil man die CSU hinter ihm wusste. Die Partei war total auf ihn ausgerichtet.

Seit dem Wechsel in München hat sich das gründlich geändert. Huber und Beckstein werden als verbindliche Gesprächspartner aufgenommen, aber ihre jeweilige politische Kraft ist mit der Stoibers nicht mehr vergleichbar. Derzeit muss niemand die CSU fürchten, nicht Kurt Beck, nicht das Kanzleramt. Hätte Stoiber den Gesundheitsfonds angegriffen, hätte sich die CDU-Spitze um eine Einigung bemüht. Die Furcht, die jetzige CSU-Führung könnte etwas erfolgreich blockieren, hält sich sehr in Grenzen.

Weil das so ist, gibt es derzeit aus Sicht der CDU auch wenig Gründe, der CSU bei ihren Wünschen, beispielsweise den Steuersenkungsplänen, entgegenzukommen. So wird aus einer Schwäche die nächste. Zumal Huber die CDU-Spitze mit seinen Steuerideen auf besondere Weise ärgert. Öffentlich heißt es in Berlin, seine Pläne seien mit Blick auf die Konsolidierung der Haushalte derzeit unrealistisch. In Wahrheit ärgert sich die CDU-Führung, weil sie ähnliche Ideen für den Wahlkampf 2009 nutzen möchte.

Ergänzt wird das durch die Vielstimmigkeit der CSU und die mangelnde Loyalität zur Spitze. Bestens zu beobachten an Markus Söder, dem Berliner Statthalter in der Landesvertretung, und an Verbraucherminister Horst Seehofer. An ihm kann man derzeit sehr genau studieren, wie einer sich selbst profiliert und die anderen im Sturm stehen lässt, ohne sich offen illoyal zu zeigen.

Wichtig aber ist auch noch etwas anderes: Früher war Stoiber natürliche Anlaufstelle für alle anderen Ministerpräsidenten, sobald sie im Koalitionsausschuss etwas fördern oder verhindern wollten. Stoiber nutzte diese Rolle sehr. Beim neuen Tandem ist davon nicht viel zu spüren. So werden die Bayern mehr und mehr zu Bayern, wo sie doch so gerne Bundespolitiker wären.

© SZ vom 05.05.2008/aho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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