Die Bayern-SPD und Stoiber:Die Neinsager

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Während Stoibers CSU mit Bayerns Erfolgen identifiziert wird, kämpft die bayerische SPD gegen das Image, eine ewige Nörgelpartei zu sein. Vermissen wird sie Stoiber wohl kaum.

Katja Auer

Zum Schluss hat Edmund Stoiber noch einmal richtig hingelangt. Gratulierte der SPD im Landtag zu 50 Jahren Oppositionsarbeit und sprach dabei vom "Genörgel" der politischen Gegner.

Stoiber lächelt: Nicht nur bei diesem Anlass im Januar 2007 forderte SPD-Chef Maget im Bayerischen Landtag den sofortigen Rücktritt des Ministerpräsidenten. (Foto: Foto: dpa)

Ein versöhnlicher Abschied war das nicht am 17. Juli, als Stoiber seine letzte Regierungserklärung abgab. Der scheidende Ministerpräsident zeigte mit seinem unerwartet heftigen Angriff noch einmal, was er von der Opposition in Bayern hält. SPD-Fraktionschef Franz Maget nennt Stoibers Umgang mit der Opposition "unfair".

"Der Erfolg in den vergangenen Jahren war schlecht für ihn als Person", sagt Maget. Überheblich sei der Ministerpräsident geworden. "Ich kenne niemanden, der so unverhohlen Desinteresse zeigt wie er", sagt auch Grünen-Fraktionschef Sepp Dürr. Da spürt man wenig Bedauern über Stoibers Abschied. Zumal er laut Maget "als Ministerpräsident überschätzt wird". Wirtschaftlich stehe Bayern gut da, das will kein Oppositionspolitiker bestreiten, in der Sozial-und Bildungspolitik aber hätten sich Lücken aufgetan.

Die Wahlergebnisse sprechen für Stoiber. Seit 2003 regiert er mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit, während die SPD auf kläglichen 19,7 Prozent sitzengeblieben ist. Und eine Änderung dieser Diskrepanz scheint nicht in Sicht. Bei der Suche nach den Ursachen gehen Oppositionspolitiker allerdings nicht davon aus, dass diese Resultate mit der Person Stoiber zusammenhängen.

Nur im Jahr 1993, da war es womöglich anders. Hätte Stoiber damals nicht die Nachfolge des ins Trudeln geratenen Ministerpräsidenten Max Streibl angetreten, hätte die SPD bei der Landtagswahl 1994 für eine Überraschung sorgen können.

Renate Schmidt, die seinerzeit SPD-Landesvorsitzende und Spitzenkandidatin war, ist noch heute überzeugt: "Wir hatten eine echte Chance, die CSU abzulösen." 30 Prozent hat die SPD am Ende erreicht, ein Achtungserfolg für die Politikerin, die das Amt der Bundestagsvizepräsidentin aufgab, um der angeschlagenen Bayern-SPD auf die Beine zu helfen. Doch Stoibers geschicktes Agieren und sein Schlussstrich unter die Amigo-Affären der CSU trugen wesentlich dazu bei, die Regierungspartei wieder auf Siegeskurs zu bringen.

Versäumte Erneuerung

Der damalige SPD-Fraktionschef Albert Schmid, heute Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, zeichnet rückblickend das Bild vom fleißigen und ehrgeizigen Ministerpräsidenten. "Stoiber hat das Bedürfnis nach Sachorientierung befriedigt", sagt er. "Die Leute wollten nicht mehr Franz Josef Strauß und die große Weltpolitik." Parteienforscher Heinrich Oberreuter sieht die Gründe für den Erfolg der CSU aber schon in den 60er Jahren begründet. Damals habe die CSU angefangen, sich zu modernisieren, sie habe das hohe Lied der Industrialisierung gesungen und landesweit den Bau von Gymnasien propagiert.

Die Bayern-SPD habe dagegen eine innerparteiliche Erneuerung bis heute versäumt, glaubt Oberreuter. Nun sei die CSU in der bequemen Ausgangslage, aus Trends und eigener Überzeugung Synthesen bilden zu können. Die positive Entwicklungsgeschichte Bayerns sei eng mit der Partei verknüpft, auch aus einem ganz einfachen Grund: "Die CSU zeigt Präsenz auf allen Ebenen."

Die Identifikation der Partei mit Bayern, das fehlt der SPD, das räumt auch Albert Schmid ein. Das sei ein gravierendes Problem, denn gerade das Landsmannschaftliche spiele im Freistaat eine viel größere Rolle als anderswo. "Ich wollte die SPD als Volkspartei, die in mancher Hinsicht gar nicht so weit entfernt ist von der CSU, eben weil diese auch sozialdemokratische Züge trägt", sagt Schmid.

Stattdessen habe die Opposition auch noch das kleinste CSU-Thema aufgegriffen und reflexartig dagegen argumentiert. Damit könne man aber keine Mehrheiten gewinnen, glaubt Schmid, "aus Negation erwächst keine Zustimmung".

Alle Themen abgedeckt

Parteienforscher Oberreuter macht der SPD wenig Hoffnung. Da die CSU beinahe alle Themen abdecke, bleibe für die Opposition kaum ein Betätigungsfeld - auch nicht nach dem Rückzug Stoibers. "Man kann gegen eine erfolgreiche Politik nicht mit Ideologie angehen", sagt er.

Oder sich nur mit Details beschäftigen, wie beispielsweise dem Abschuss eines Braunbären oder einem Gammelfleisch-Skandal. "Das sind die potentiellen Sternstunden der Opposition", sagt Oberreuter. Der Wähler aber wäge ab und lasse sich deshalb viel eher von der Erfolgsbilanz der Regierungspartei überzeugen. Das sei auch der Grund, warum die SPD aus all den Krisen der CSU letztlich nie einen Nutzen habe ziehen können.

© SZ vom 19.09.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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