Designer vom Dorf:"A Hemad war ma liaba"

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Für die Sprüche haben sie sich bei Oberlandla Regeln gegeben: Es werden keine verwendet, die beleidigen, selbstironisch darf es aber sein. (Foto: Carola Cinelli/oh)
  • Fabio und Carola Cinelli stellen T-Shirts mit baierischen Sprüchen her.
  • Carola Cinelli entwirft das Design.
  • Die Shirts werden in erster Linie über das Internet vermarktet und finden immer mehr Käufer.

Von Ingrid Hügenell

Wer gerne bedruckte T-Shirts trägt, macht oft unfreiwillig Werbung für Parfum oder Turnschuhe, die West Coast oder läuft herum mit eher sinnleeren Aussagen wie "Sporting 83". Man muss annehmen, dass die meisten Leute ignorieren, was auf ihren Baumwollhemden steht. Fabio Cinelli, ein Bayer mit einem italienischem Vater aus Sendling, aber mag T-Shirts mit Sprüchen, die für ihn einen Sinn ergeben. Er und seine Frau Carola Cinelli, ebenfalls in Sendling aufgewachsen, entwerfen selber welche, auf denen Bairisches zu lesen ist: "Weil Bairisch so eine schöne Sprache ist und auf vielen T-Shirts so ein Schmarrn steht", erklärt der 36-Jährige.

Bedruckt werden die Shirts mit der sogenannten Direct-to-Garment-Technik. (Foto: Manfred Neubauer)

Die beiden Sendlinger, die sich vor mehr als zehn Jahren in Wackersberg bei Bad Tölz niedergelassen haben, fühlen sich im Oberland zu Hause und haben ihre T-Shirt-Marke deshalb Oberlandla genannt. Das Oberland, das sind die Landkreise Miesbach, Bad Tölz-Wolfratshausen, Garmisch-Partenkirchen und Weilheim-Schongau.

Vielen anderen Menschen gefallen die coolen bairischen Sprüche im modernen Design ebenfalls, weshalb die Cinellis mittlerweile einige hundert Shirts im Monat verkaufen, die meisten über ihren Internet-Shop www.oberland.la. Auch bei Messen und Märkten sind sie vertreten, wo sie selbst am Stand stehen. Dann sehen sie oft, dass die Kunden anfangen zu lachen über die Shirt-Sprüche: "Trachtenersatzgwand" ist so etwas wie ein Motto geworden für die Firma sowie "A Hemad war ma liaba", weil ja nur T-Shirts zur Auswahl stehen. Mehr als 100 Motive in Varianten gibt es, darunter auch "Nix deaf ma" oder der Klischee-Klassiker "Lem und lem lassen".

Designer-Shirts aus dem Oberland

"Wir haben einen Nerv getroffen, das freut uns total", sagt Fabio Cinelli, es gebe ein tolles Feedback. Das liegt sicher nicht nur an den Sprüchen, sondern auch an der grafischen Umsetzung, für die Carola Cinelli verantwortlich zeichnet. Die 43-Jährige ist Grafikdesignerin. Das "Check-the-Ripperl"-Shirt für den "BBQ-King" zieren ein bluttriefendes Messer, eine Grillgabel, das zweideutige Versprechen: "I lass nix obrenna" und der Oberlandla-Totenkopf, den Carola Cinelli selbst entworfen hat. Er trägt wie ein Pirat ein Tuch über einem Auge und hat ein Edelweiß zwischen den Zähnen. Auch auf dem "Lem und lem lassen"-Shirt hat er einen Auftritt, eingerahmt von großen Adlerschwingen. Das gibt dem gemütlichen Spruch eine deutliche Biker-Anmutung. Die Cinellis haben einen modischen Anspruch: "Bayerische Sprüche gab's vorher schon, aber nicht so schön", sagen sie. "Wir machen eben Designer-Shirts."

Erst 2012 sind sie damit auf den Markt gegangen. Die Vermarktung läuft vor allem über die sozialen Medien - die moderne Art der Mund-zu-Mund-Propaganda. Die Shirts bedrucken die Cinellis selbst in ihrem Haus in Wackersberg in der Direct-to-Garment-Technik, bei der wasserbasierte, lösemittelfreie Textilfarben auf das Shirt aufgesprüht werden. Die Hemden aus hochwertiger Bio-Baumwolle bekommen sie von einem Hersteller, der der Fair Wear Foundation angehöre, wie sie sagen.

Für die Sprüche haben sie sich Regeln gegeben: Es werden keine verwendet, die das Gegenüber beleidigen, selbstironisch darf es aber schon sein. Deshalb gibt es Shirts, auf denen "Gescheidhaferl" steht, bairisch für Klugscheißer, oder auch: "Da ganze Bua a Depp". Etwas subtiler die Aussage: "Du schaust heid aber guat aus" - in Spiegelschrift aufgedruckt, damit es der Träger lesen kann, wenn er sich selbst im Spiegel betrachtet. Dieses Motiv gibt es nur für Männer. Das Angebot für die "Mandal" ist ohnehin umfangreicher als das für "Weibal", auch für "Zwergal" gibt es Shirts und Pullis. Die Homepage bedient sich überwiegend der bairischen Sprache, kommt aber nicht ohne englische Ausdrücke aus. So gibt es ein Outlet und einen Blog.

Bestellungen sogar aus Amerika

Fabio Cinelli, gelernter Kaufmann, sammelt die Sprüche - sobald er einen neuen hört, tippt er ihn in sein Handy. Auch Vorschläge von Kunden sind willkommen. So ändert sich ständig das Repertoire, was sich nicht verkauft, fliegt raus, Neues kommt hinzu. Ganz wichtig: "Wir verkaufen keine Scherzartikel", sagt Fabio Cinelli, und vom Bayern-Kitsch distanziert er sich ebenfalls ausdrücklich. Das tumbe "Seppltum", über das ganz Deutschland lacht, ist den Cinellis zuwider. Sehr gerne sehen sie den Trend, dass das Bairische jenseits von Trachtenzwang, Komödienstadel und Volksmusik-Kitsch für junge Leute wieder interessant wird, dass es Musiker und Künstler gibt, die der Kraft des Dialekts wieder vertrauen. Spaß sollen ihre T-Shirts machen, die Leute unterhalten. "Wenn wir über diese Freude zum Erhalt des Dialekts beitragen, nehmen wir den Effekt gerne mit", sagen sie.

Viele Fans lieben die Shirts von Carola und Fabio Cinelli. (Foto: Manfred Neubauer)

Weil sie finden, dass Sprache allen gehört und frei bleiben sollte, lassen sie sich bekannte Begriffe nicht als Marke eintragen. Was sie sich haben schützen lassen: den edelweißkauenden Piraten der Alpen und das "Trachtenersatzgwand". "Den Begriff gab es vorher nicht", erklären sie. Anders als den "Wuidara", ebenfalls eines der Oberlandla-Motive, gegen dessen Verwendung ein Geretsrieder klagte, der sich den Begriff hatte schützen lassen. Man verglich sich vor Gericht, über den genauen Inhalt wollen die Cinellis nichts sagen, nur, dass er für sie recht gut war. Die Wuidara-Shirts gibt es noch.

Das ursprüngliche Geschäft der Cinellis ist eine Werbeagentur. Die Kunden kommen aus der Region. Eine Tölzer Brauerei, ein Kräuterlikör-Hersteller aus Lenggries, dessen Logo mit sich küssenden Hirschen Carola Cinelli entworfen hat und der Zusammenschluss dreier regionaler Energieversorger sind darunter. Inzwischen aber ist das Hauptstandbein die T-Shirt-Produktion. "Unsere Sachen kommen aus dem Oberland, aber nicht bloß fürs Oberland", sagen sie. Die Münchner Kunden werden immer mehr, weshalb es seit kurzem ein "Sendling 70"-Shirt gibt - die 70 ist die alte Sendlinger Postleitzahl. Auch aus den USA kamen schon Bestellungen. Ob das nun echte Amerikaner oder Exil-Oberlandler waren, das wissen die Cinellis nicht. Dass sie Bairisch verstehen, darf man aber annehmen.

© SZ vom 07.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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