Der falsche Rockefeller:Zwei Ehen und sechs falsche Namen

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Die amerikanische Polizei identifiziert "J. Clark Rockefeller" als Deutschen - sein Luxusleben soll seine Frau mitfinanziert haben.

Marten Rolff

Nun hat es auch die Polizei in Kalifornien bestätigt: Bei dem Hochstapler, der sich seit 1993 in Amerikas gehobenen Kreisen als J. Clark Rockefeller ausgab, handelt es sich um den aus Bergen im Chiemgau stammenden Deutschen Christian Karl Gerhartsreiter. Das berichtete die Los Angeles Times am Dienstag.

Christian Karl Gerhartsreiter alias "Rockefeller" (Foto: Foto: AP)

Gegen den 48-Jährigen, der im Alter von 17 Jahren in die USA ausgewandert ist und den Kontakt zu seiner Familie abgebrochen hatte, wird wegen Betrugs, Entführung und Körperverletzung ermittelt. Zudem gilt der Bayer im Zusammenhang mit dem Verschwinden eines Ehepaares vor 23 Jahren als "Person von Interesse", wie ein Polizeisprecher sagte.

Gerhartsreiter war vergangene Woche verhaftet worden, weil er seine siebenjährige Tochter entführt und dabei eine Aufsichtskraft verletzt haben soll. Die Tochter konnte zu ihrer Mutter, der geschiedenen Ehefrau des Hochstaplers, zurückkehren. Die Mutter hatte zuvor in einer Videobotschaft auf der Internet-Plattform YouTube an ihren Exmann appelliert, das Mädchen zurückzubringen.

Im Haus von Gerhartsreiter fand die Polizei Goldmünzen und Bargeld im Gesamtwert von etwa 300.000 Dollar. Der aufwendige Lebensstil des falschen Rockefellers, zu dem unter anderem eine Luxusvilla, eine Kunstsammlung, ein Ferienapartment und ein großer Katamaran gehörten, erklärt sich Medienberichten zufolge auch durch seine zwölfjährige Ehe mit Sandra Boss, einer aus wohlhabender Familie stammenden Havard-Absolventin und Topmanagerin einer Unternehmensberatung.

Bei der Scheidung zahlte Boss offenbar 800.000 Dollar, damit Gerhartsreiter ihr das Sorgerecht für die gemeinsame Tochter überließ. Geld, das der in Untersuchungshaft sitzende Hochstapler womöglich zurückzahlen muss, wie Äußerungen seines Anwalts Stephen Hrones nahelegen.

Die Ehe zwischen Boss und Gerhartsreiter, die 1995 während einer privaten Zeremonie auf der Prominenteninsel Nantucket geschlossen wurde, sei nicht aktenkundig und damit "nicht legal", sagte Hrones der US-Zeitung Daily News.

Gerhartsreiter selbst schweigt zu den Vorwürfen. Sein Mandant J. Clark Rockefeller könne sich an die Zeit vor 1993 kaum erinnern; er verstehe Deutsch, habe aber nie in Deutschland gelebt und dort keine Verwandten, sagte Stephen Hrones weiter.

Laut Zeitungsberichten stellte die Polizei jedoch fest, dass die Fingerabdrücke von "J. Clark Rockefeller" mit denen auf den Einreisepapieren des früheren Gaststudenten Christian Gerhartsreiter übereinstimmen. Gerhartsreiter soll den Ermittlungen zufolge seit 1979 unter mindestens sechs verschiedenen Namen in mehreren US-Bundesstaaten gelebt und unter anderem als Börsenmakler in New York gearbeitet haben.

Eine Greencard erhielt er offenbar, weil er 1981 als "Christopher Crowe" die Ehe mit einer 22-Jährigen aus Wisconsin einging, einen Tag nach der Hochzeit verschwand er. Später soll er sich als "Christopher Chichester" bei einem Ehepaar in San Marino/Kalifornien eingemietet haben, das 1985 unter mysteriösen Umständen verschwand. Der Fall soll nun neu untersucht und Gerhartsreiter dazu vernommen werden.

© SZ vom 13.08.2008/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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