Debatte um Stoiber-Nachfolge:Reizklima in der CSU

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In der Partei rumort es - die Warnung scheint sich zu bestätigen: Stoibers acht Monate andauernder Rückzug wird eine Belastungsprobe für die CSU. Wenn auch ganz anders als gedacht.

Kassian Stroh

Viel deutlicher geht es nicht, viel klarer kann einer seinen möglichen Erben nicht in die Schranken weisen. "Dieser Eindruck von Kungeln und Postenverteilen ist nicht besonders vorteilhaft, weder für unsere Partei noch für Bewerber, die nach Höherem streben", sagte Noch-CSU-Chef Edmund Stoiber am Donnerstag an die Adresse von Erwin Huber.

Der hatte sich tags zuvor öffentlich Gedanken gemacht über Stoibers künftige Verwendung als Chef der parteinahen Hanns-Seidel-Stiftung. "Das ist nicht unbedingt die Champions League, in die die CSU gehört, und wo sie auch weiter spielen muss", giftete Stoiber. Nicht Champions League. Das ist das schlimmste Urteil, das Stoiber fällen kann.

Die Stimmung ist gereizt in der CSU, zumindest zwischen manchen Beteiligten an der Spitze. Zwischen Stoiber und dem Tandem aus Erwin Huber und Günther Beckstein, das den Partei- und Regierungschef beerben will, knirscht es derzeit laut. Beide Seiten redeten derzeit zu wenig miteinander, wird in der CSU beklagt.

So scheint sich die Warnung zu bestätigen, Stoibers acht Monate andauernder Rückzug werde eine Belastungsprobe für die CSU. Wenn auch ganz anders als gedacht. Denn als sich am 18.Januar mit Huber und Horst Seehofer zwei Kandidaten um den Parteivorsitz beworben hatten, empfanden das fast alle Wichtigen der Partei nicht nur als ungewohnt, sondern als höchst gefährlich: Die CSU werde durch einen Wahlkampf in zwei Lager gespalten, war damals zu hören. Doch davon kann keine Rede sein.

Am 29. September wird die CSU ihren Vorsitzenden wählen. Damit ist an diesem Freitag genau ein Drittel des Wahlkampfes bereits vorbei. Und es zeigt sich: Die Grenzen der Lager verlaufen weniger zwischen den Kontrahenten als zwischen Stoiber und dem Tandem.

"Gezielt lancierte Falschmeldungen"

Die beiden Kontrahenten um den CSU-Vorsitz gestehen sich gegenseitig zu, fair miteinander umzugehen. Nur Seehofer beklagte vor Wochen noch die "Vernichtungsstrategie" seiner Gegner in der CSU, die mit gezielt lancierten Falschmeldungen ihn zur Aufgabe drängen wollten. Inzwischen will er die bösen Buben enttarnt haben, seither ist Ruhe.

Tatsächlich Ruhe. Obwohl doch Wahlkampf ist. Aber das Besondere an diesem ist, dass es praktisch keine Auseinandersetzung gibt. Ein Nichtwahlkampf. Zwar haben die Kontrahenten beide so etwas wie Wahlprogramme präsentiert, aber die beschäftigen sich weniger mit inhaltlichen Fragen als mit Parteiarbeit. Jünger müsse die CSU werden, fordert Seehofer. Weiblicher, sagt Huber.

Der will zudem mehr Teamarbeit und die Basis besser einbinden. Seehofer wiederum wirbt damit, er könne den bundespolitischen Anspruch der CSU besser wahren. Konkrete Personalpläne, etwa wen sie gerne als CSU-Generalsekretär hätten, haben die beiden bislang nicht präsentiert. Das werde er auch vor der Wahl nicht tun, sagt Huber. Seehofer deutet an, vielleicht werde er noch einige Namen für Führungsjobs präsentieren.

Der Wahlkampf ist ein seltsames Wettrennen, dessen Läufer konträre Strategien verfolgen. Huber prescht voran mit einer großen Landpartie: Allen CSU-Kreisverbänden hat er angeboten, sie zu besuchen - mehr als 50 Termine hat er bereits zugesagt, von Arzberg im Fichtelgebirge bis Utting am Ammersee. Hinzu kommen die vielen Gelegenheiten als Wirtschaftsminister, sich im Land zu zeigen.

"Es gibt nur eine Wahrheit"

"Die Partei hat das Recht, die Kandidaten auch persönlich kennenzulernen", sagt Huber und zielt damit auf Seehofer, der eher auf Präsenz in den Medien setzt und sich mit Basisarbeit zurückhält. Als Bundesminister, der zudem als EU-Ratspräsident gebunden ist, hat er dafür kaum Zeit. Seehofer setzt darauf, dass der Zweikampf ein Marathon ist, der sich am Ende entscheidet: durch Umfragewerte im September, durch die Stimmung auf dem Parteitag, durch eine möglicherweise alles entscheidende Rede.

"Es gibt nur eine Wahrheit", sagt Seehofer, "die geheime Abstimmung". Mit diesem Credo hilft er sich darüber hinweg, dass Huber nicht nur die Mehrzahl der Parteifunktionäre hinter sich weiß, sondern den Umfragen nach auch die Mehrheit der CSU-Wählerschaft.

Da führt Huber mit 46 zu 42 Prozent. Und nur auf die komme es ja an, betont er, nicht auf die Gesamtbevölkerung, die Seehofer befürwortet. Doch auch Seehofer sieht Positives in der Umfrage: Das Ergebnis sei doch gut angesichts dessen, dass über Wochen hinweg nur Negatives über ihn in den Zeitungen zu lesen war, betont er. Er setzt zudem auf die Stoiber-Karte: Immer wieder lässt Seehofer einfließen, er habe sich an Stoibers Sturz nicht beteiligt, er betrachte dessen Rücktritt als unnötig.

Mit ihm als Parteichef werde Stoiber "auch in Zukunft eine gewichtige Rolle in der CSU spielen", verspricht Seehofer. Je mehr es zwischen Stoiber und Huber knirscht und je mehr der scheidende Stoiber von der CSU gefeiert wird, desto mehr könnte sich diese Strategie für Seehofer auszahlen.

Denn es gibt einige Unsicherheitsfaktoren für die Wahl im September: Wie gut hält das Tandem Huber-Beckstein zusammen? Wie positioniert sich die Oberbayern-CSU, der größte CSU-Bezirk? Wie geht es mit Seehofers Privatleben weiter? Vor allem aber: Behält Stoiber die versprochene Neutralität bis zum Ende bei, wenn sein unverstandener Abschied immer näher rückt? Am Donnerstag hat er Huber einen ersten Schuss vor den Bug gesetzt.

© SZ vom 13.04.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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