Debatte um Rauchverbot:Strenges Bierzelt-Rauchverbot auf der Kippe

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Möglichst rasch will die CSU das Rauchverbot in Bierzelten lockern, um die Wähler zu befriedigen. Fraktionschef Georg Schmid will an dem Gesetz, das er durchgeboxt hatte, nicht rütteln.

Birgit Kruse

Locker wollte Georg Schmid an diesem Morgen wirken. Fröhlich und immer mit einem flotten Spruch auf den Lippen, so wie man den CSU-Fraktionschef eben kennt. Doch gelungen ist ihm dieses Schauspiel nicht. Im Gegenteil. Sein Lachen wirkte gekünstelt, seine Gesten hektisch.

Mit einer Lockerung des Rauchverbots in den Bierzelten will die CSU ihre Wähler besänftigen. (Foto: Foto: ddp)

Kein Wunder. In der CSU ist die Debatte um das Rauchverbot voll entbrannt, an deren Ende durchaus die Aufweichung der bestehenden Regeln stehen könnte. Durch die Hintertür. Ein zusätzliches Gesetz zur Regelung des Vollzuges scheint wahrscheinlich. Die Konsequenz: Bahn frei für Dunst über den Biertischen.

Noch an diesem Nachmittag ist ein Krisengespräch in der Staatskanzlei vereinbart. Bei dem Treffen mit Ministerpräsident Günther Beckstein gehe es "ausschließlich um die Frage: Wie wollen wir im Vollzug weitergehen", betonte Schmid. Aber genau das ist die entscheidende Frage, von der viel abhängt - auch wenn Schmid an diesem Vormittag fast schon gebetsmühlenartig wiederholt, dass der "Inhalt des Gesetzes nicht geändert wird."

Denn: Sollten Verwaltungsverordnungen, die den Vollzug des Gesetzes regeln sollen, nicht ausreichen, könnte dies per Gesetz gemacht werden. Dabei gehe es nicht um die Gaststätten. Kern der Debatte seien vor allem Großveranstaltungen in Bierzelten.

Krisengespräche bei der CSU

Bereits gestern hatte es ein zweieinhalbstündiges Gespräch zwischen Schmid, Ministerpräsident Günther Beckstein, Gesundheitsminister Otmar Bernhard und Parteichef Erwin Huber gegeben. Über mögliche Probleme beim Vollzug des Gesetzes wird Bernhard am Donnerstag mit den Wies'n Wirten sprechen.

Weitere Krisengespräche sind für kommende Woche angesetzt. Am Dienstag sollen sich der CSU-Fraktionsvorstand und das Kabinett mit dem Rauchverbot beschäftigen und am Mittwoch ist ein weiteres Treffen mit Beckstein, Huber und Bernhard geplant. Zudem könnte die gesamte Fraktion über mögliche Änderungen entscheiden.

Ministerpräsident Günther Beckstein räumte indes im Bayerischen Rundfunk ein, dass es mit dem Nichtraucherschutz mehr Probleme gegeben habe, als gedacht. Deshalb müsse man jetzt auch über Korrekturen nachdenken. Gleichzeitig mahnte er: "Wir sollten jetzt kühlen Kopf bewahren und vernünftige Entscheidungen treffen - und dann diese Entscheidungen gemeinsam auch vertreten."

Auch sein Tandempartner, CSU-Fraktionschef Erwin Huber, sagte, eine Kehrtwende werde es beim Rauchverbot nicht geben. Man müsse aber "gerade bei den Bierzelten überlegen, ob das überhaupt durchführbar ist."

CSU in der Frage des Rauchverbots gespalten

Die Partei ist in der Frage jedoch tief gespalten: In der CSU formiert sich bereits Widerstand gegen eine Lockerung. In der Landtags-CSU sind mehrere Abgeordnete verärgert, weil der CSU-Vorstand erneut an der Fraktion vorbei die Linie vorgibt. "Es befremdet mich, wie man hier Weichenstellungen treffen will", sagte etwa der Sozialpolitiker Konrad Kobler. Das Rauchverbot sei für das Wahlergebnis der CSU nicht verantwortlich. "Ich habe kein Verständnis, dass man jetzt den Nichtraucherschutz diskutieren will, weil irgendwelche Leute dagegen sind."

Der Sozialexperte Joachim Unterländer sagte jedoch, er könne mit einer Änderung der Vollzugsregeln leben. Unterländer ließ gleichzeitig Skepsis erkennen: "Es gibt auch Stimmen, die sagen, wir haben dieses Mal CSU gewählt, weil es das Rauchverbot gibt"

Die Drogenbeauftragte der Unions-Fraktion im Bundestag, Maria Eichhorn (CSU), ging auf scharfen Gegenkurs: Eine Lockerung wäre "fatal für den Gesundheitsschutz und für die Glaubwürdigkeit der Politiker", sagte sie.

Maget: "Indiz für Panik"

Für SPD-Fraktionschef Franz Maget ist das derzeitge Verhalten der CSU deshalb auch ein klares Indiz für Panik und führt es auf das schlechte Abschneiden der CSU bei den Kommunalwahlen zurück. Bei einem Ergebnis von knapp über 40 Prozent "ist die CSU in einer Situation, wo sie zu einer ganz normalen Partei geworden ist, die bei den Landtagswahlen auch verlieren kann".

Kein Wunder also, dass Maget in diesen Tagen besonders fröhlich durch die Gänge des Landtags streift, immer einen Witz auf Lager hat und bereits davon träumt, im September die absolute Mehrheit der CSU brechen zu können.

Dennoch könnte die CSU bei einem möglichen Ergänzungsgesetz zum Rauchverbot auf die Stimmen der Sozialdemokraten hoffen - auch wenn er nicht glaubt, dass die CSU diesen Kardinalfehler begehen werde. Denn: Eine Gesetzesänderung wäre "die komplette Desavouierung des Fraktionschefs Schmid", prophezeit er der CSU.

Sollten die Christsozialen sich dennoch für diesen Weg entscheiden, wäre die SPD "bereit, über Änderungen bei den Bierzelten zu reden". Einen eigenen Gesetzentwurf zu Änderungen des Rauchverbotes werde es von der SPD jedoch nicht geben.

Dennoch kann sich Maget herbe Seitenhiebe auf die Mehrheitspartei nicht verkneifen. Im Gegenteil: Es scheint ihm sichtlich Spaß zu machen, einmal richtig austeilen zu können. So sei das schlechte Abschneiden bei den Kommunalwahlen - die CSU kommt derzeit landesweit auf etwas mehr als 40 Prozent - nicht nur auf das Rauchverbot zurückzuführen. Vielmehr sei es "die Summe der arroganten Entscheidungen, die die CSU getroffen hat." Der Partei fehle derzeit jede politische Führung, sie wirke "orientierungslos" und "bettelt" um die Gunst der Wähler, anstatt Lösungen anzubieten.

Während die SPD derzeit verbale Ohrfeigen an die CSU verteilt, zeigen sich die Grünen erstaunt über die mögliche Lockerung des Rauchverbots. Grünen-Landeschef Sepp Daxenberger bezeichnete solche Überlegungen als "Quatsch". Die CSU mache sich damit "immer mehr lächerlich".

Erstaunt zeigte sich Daxenberger darüber, dass die CSU zunächst ein Gesetz beschlossen habe und es dann nicht vollziehen wolle. "Das hätte man sich vorher überlegen können", betonte er. Seine Co-Landeschefin Theresa Schopper fügte mit Blick auf Ministerpräsident Beckstein hinzu: "Preußisches Gesetz, italienischer Vollzug - so weit sind wir schon gekommen im Lande Bayern mit dem ehemaligen Law-and-Order-Mann Beckstein" Bei der CSU seien offensichtlich die Köpfe "ganz schön vernebelt".

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